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Seasons in the Sun

SO, das war jetzt die zweite Staffel. Sie endet mit allem gegeben Pathos. Pathos, das die Serie in jeder Folge mit Witz auspendelt, und das ist wohl ein wesentlicher Mechanismus ihres Funktionierens. Denn es geht ja um die Diskrepanz zwischen den höchsten Höhen des amerikanischen Nationalmythos, der Ernsthaftigkeit politischen Handelns, also dem Leben der Figuren als Staatspersonen, und ihrem persönlichen Handeln, ihren Problemen, und, weil die eben alle so bezaubernd schnell und schlagfertig sind, ihrem Witz. Und daraus entsteht eine Legierung, die wirklich nah an das heranzukommen scheint, wie GUTE, WITZIGE, MORALISCHE Menschen mit sich als Träger der Macht umgehen. Das ist toll.
Toll ist auch der Handel, den der Hauptschreiber der Serie Aaron Sorkin mit dem Zuschauer abgeschlossen hat: Seid aufmerksam, lernt, achtet auf Details, und ich zahle es euch zurück.
EIn typisches Beispiel: Der neue Anwalt des Weißen Hauses (erfreuliches Wiedersehen mit Oliver Platt) wird gezeigt. Er will auf eine Reise, hat noch eine Liste von Dingen, die er braucht oder mitnehmen will. Ein Detail unter anderem, im Nebensatz: Sein Diktiergerät ist kaputt, er kann den Aufnahmemodus nicht mehr abschalten. Etwas später mokieren sich seine Leute über den großen Richterhammer, den er auf seinem Tisch aufbewahrt, ein Mittel, ihn zu charakterisieren. Als später Präsident Bartlet ihm ein wirklich hochbrisantes Geheimnis enthüllt, greift er, bevor er antwortet zum Hammer und zerschmettert damit das aufnehmende Diktiergerät.
Das ist nett, denn zum einen zeigt der es drastisch seine EInschätzung der Nachricht, zum anderen ist es einfach ein schöner, trocken vorbereiteter und elegant verwandelter visueller Witz, bei dem der Zuschauer Komplize ist.
Und es ist höflich, denn der Autor beweist mir als Zuschauer damit, dass er mich nicht für total bescheuert hält.
Das schmeichelt natürlich. Und das haben wir hier in old germany ja nun wahrlich selten, wir werden ja fast durchweg von unseren fernsehmachenden Landsleuten für Knalldeppen gehalten.
Wieso eigentlich lief "The West Wing" eigentlich nie bei uns? Hmm...

Die vergleichsweise lange Kinoabstinenz (2-3 Wochen) habe ich außer zur Rekonvaleszenz dazu genutzt, mir die 2. und die 3. Staffel „The West Wing“ anzusehen. Obwohl hier „reinziehen“ irgendwie passender klingt. Denn von der üblichen Distanz, die ja zumal dem Fernsehkonsum nun mal innewohnt, ist nicht viel übrig geblieben. Kaum dass ich das Bett verlassen habe – immer wieder wurde ich vom Schlaf übermannt und konnte damit das Gesehene sofort im Traum verarbeiten – habe ich Folge an Folge gereiht. Ein Experte bin ich dabei nicht geworden (mein Englisch entpuppt sich allenthalben als grauenhaft - Verstehen wie Sprechen). Die Identifikation allerdings hat bedenkliche Formen angenommen. Allein die Nähe zu möglicherweise berührenden Inhalten ließ die Tränen fließen, Intrigen gegen die geliebten Protagonisten machten mich gegen den Bildschirm fluchen. Immer wieder musste ich bemerken, wie ich dem Gesagten nicht mehr folgte, sondern nur noch auf die schöne Sprachmelodie achtete. Das passiert wahrscheinlich leichter, wenn man halt Schwierigkeiten mit den Vokabeln hat, zumal wenn es um spezifische amerikanische Politikinhalte geht. Wie detailliert hier Politik behandelt wird, begeistert mich zwar einerseits, wächst mir doch aber auch manchmal über den Kopf. Ich kann einfach nicht alles im Internet nachrecherchieren. Und dann liege ich da also, lausche dem Klang der Stimmen und weiß mich bei meinen Lieblingen gut aufgehoben, die wollen immer das Richtige. Freue mich darüber, dass jetzt auch Mary-Louise Parker mittut, die ich für mich in „Grand Canyon“ entdeckt habe, wo sie Kevin Klines Sekretärin/Assistentin/Weiß-der-Teufel-was gespielt hat, die mit ihm eine Affäre hat und dann auf ihn verzichten muss, weil er sich für seine Frau entscheidet, und sie leidet wie ein Hund, weil sie so ehrlich in ihn verliebt ist, und sie sieht so schön aus mit der ein wenig eingekerbten Oberlippe. Die ist jetzt jedenfalls auch dabei und ich kann leider nicht sagen als was, denn bähr will ja auch noch und nicht schon alles wissen. Jedenfalls ist sie hier alles andere als eine Sekretärin und nicht minder anbetungswürdig. Ich muss mal in mich gehen und herausfinden, wann eine Frau mich auf der Leinwand umhaut. Und zwar eine Frau, die ich als Schauspielerin noch nicht kenne und deren Qualität noch nicht verbürgt ist. Da fallen mir nämlich gerade zwei ein und es war deren schönes Leiden, das mich berückt hat (Schande über mich). Und zwar wie gesagt Mary-Louise Parker und Michelle Pfeiffer. Die kannte ich noch nicht, als ich „Die Hexen von Eastwick“ sah. Und sie litt – und wie! Gerade weil sie vor dem Leiden so viel Angst hat, ließ der Teufel sie erkranken. Der Beginn einer jahrelangen Liebesgeschichte. Nicht übrigens mit dem Autor der Romanvorlage. Jedenfalls nicht sofort. Später dann umso heftiger. John Updike hat die Verfilmung zunächst geschadet. Das Buch habe ich mir zwar gekauft, nicht aber gelesen (bis heute). Erst 10 Jahre später ist Updike mit seiner Rabbit-Tetralogie (plus einer Rückkehr) und dem Meisterwerk „Ehepaare“ in meiner Gunst ganz nach oben geklettert.
Freue mich also, dass Mary-Louise Parker mittut, und muss dem lauschen (sinngemäß von mir übersetzt). Josh Lyman, der Deputy Chief of Staff sagt: Ich wollte das hier (seinen Job), aber Ich war nicht intelligent genug, also musste ich die ganze Zeit hart arbeiten und lernen. Ein Schock – kein heilsamer. Diese Figur nicht intelligent genug? Was darf man dann noch hoffen? Oder wie hart muss man arbeiten, obwohl man keine Lust dazu hat? Daraufhin erst mal eingeschlafen und von einer Karriere im Weißen Haus geträumt.

Als Kind hätte ich mir das ganz klar sehnlichst herbeigewünscht. Ich hatte sogar eine eine Super8-Version vom Otto-Versand (dezent gekürzt) von Star Wars. Ich hätte es toll gefunden:

George Lucas kann sich vorstellen (und das heißt, wenn es schon über AP geht, es wird passieren, man weiß nur noch nicht, mit wem), nach dem dritten neuen Star Wars-Teil (Episode III—Revenge of the Sith) aus dem Thema rauszugehen und jemand anders eine Fernsehserie machen zu lassen.


AP: After Episode III, will you ever revisit Star Wars?

George Lucas: Ultimately, I'm going to probably move it into television and let other people take it. I'm sort of preserving the feature film part for what has happened and never go there again, but I can go off into various offshoots and things. You know, I've got offshoot novels, I've got offshoot comics. So it's very easy to say, "Well, OK, that's that genre, and I'll find a really talented person to take it and create it." Just like the comic books and the novels are somebody else's way of doing it. I don't mind that. Some of it might turn out to be pretty good. If I get the right people involved, it could be interesting.
(via http://www.themovieblog.com)

Jemand anders - das heißt keinesfalls, dass es schlechter wird. Es könnte ein Spaß werden.
Und trotzdem stimmt hier was nicht, berührt mich ungut: Es ist doch was anderes als ein Franchise, als, siehe oben, andere Leute Romane oder Comics produzieren zu lassen. Sieht Lucas das nicht sehr nüchtern? Wie kann er sich auf der einen Seite noch so für die Geschichte begeistern, dass er die neuen Teile produziert, um sich dann so sachlich-kaufmännisch von allem weiteren zu trennen? Was sagt das über seine Haltung zu den neuen Teilen?
Eine Fernsehserie ist eben "movig image", etwas anderes als ein Kinofilm, aber nicht anders genug. Es ist nah am Ursprung, nah an der Kindheitserinnerung, an etwas also, dass sich nur schwer mit Maßstäben messen lässt, die ich heute an einen Film anlege.

Ach, was soll's, vergesst den romantischen Quatsch, ich denke, es würden ein paar gute Abende, die Platz für Geschichten aus einem expandierenden Universum böten, das sowieso nie komplett auf die Leinwand gepasst hat.
Die neuen Filme leiden ja gerade darunter, dass sie immer zu verstehen geben, dass da eigentlich noch viel mehr ist, mehr Legende, mehr Intrige, mehr Figuren, für die nur keine Zeit, kein Platz ist, die nur angedeutet werden, als Rumpf im Raum rumstehen, weil die Zeit ja auch noch für die Lovestory oder ein Spacerennen gebraucht wird. Wahrscheinlich funktioniert die Saga 30 Jahre nach ihrem Beginn, nach unzähligen Forterzählungen in anderen Medien, gerade als Fernsehserie und nicht mehr als Film.
Das klingt überzeugend - ich freu mich drauf. Hoffentlich wird's kein Mist.

Anlässlich der letzten Folge von "24" begann ich, an „Kill Bill“ zu denken. Und begann, in einer speziellen Szene einen untergründigen Kommentar Tarrantinos zu sehen – nein, nicht auf „24“, das wäre wohl zuviel der Ehre, sondern auf eine bestimmte Haltung im US-Action-Kino und dem flankierenden Serientreiben. Wir erinnern uns: In einem Tokyoter Restaurant zermetztelt Uma Thurman die Entourage von „Cottonmouth“ Lucy Liu. In einem stilisierten Ballet vollzieht sich dieser abstrahierte Kampf, der auf irgendetwas Mimetisches gar nicht mehr hinaus will. Diese uneigentliche Tötungsorgie, deren Opfer maskierte, gleichförmig in Smokings gehüllte, und so komplett entindividualisierte Asiaten sind, steht auch in merkbarem Gegensatz zu den anderen tödlichen Kämpfen des Filmes: Alle anderen Gegner der „Black Mamba“ sind sorgsam charakterisiert, haben ihre eigene Geschichte und Gegenwart, ihren eigenen einmaligen Charakter. Der Filmautor erweist ihnen Respekt. Sie sind alles andere als nett (aber das ist die „Black Mamba“ letztlich auch nicht), und trotzdem wäre es einem eigentlich in jedem Fall lieber, sie würden mit dem Leben davonkommen. Das scheint mir eine grundsätzliche Menschlichkeit, die man Tarantino so erstmal ja gar nicht zutraut, in den Film zu bringen: Wenn hier getötet wird, dann mit der gebührenden Aufmerksamkeit und emotionalen Anspannung für beide beteiligten Seiten. Die Identifizierung wird einem nicht leicht gemacht, etwas weh tut es immer. Der schwarzen Killerin, die nun Mutter ist, hätte man ja ihr neues Leben genauso gegönnt wie Black Mamba das ihre. Das Schwertballett im Restaurant entwirft das Gegenbild: Die große Emotionslosigkeit, die im Sieg des letztlich unangreifbaren Helden über noch so viele stereotype Feinde besteht, und die Masken der japanischen Schwertkiller stehen als Synonym für Klischeefressen wie Nazischergen, russische Geheimdienstler, arabische Terroristen oder eben bosnisch-slavische Menschenschlächter. Womit wir bei „24“ sind, der als Vertreter seiner Art hier in Sippenhaft genommen wird. Die Geschichte basiert wirklich sehr stark auf der Frage nach dem Wert des individuellen Lebens, gerade in der letzten Folge zerbricht ganz offen über dieser Frage die Ehe des Präsidentschaftskandidaten Palmer. Er geht, um die entführte Tochter von Jack Bauer (Kiefer Sutherland) zu schützen, ein großes Risiko für seine Kandidatur ein – seine Frau versucht ihn davon abzubringen und nimmt dabei ganz offen den Tod des Mädchens in Kauf. Es geht also um Moral, und da gibt’s kein Pardon, die Frau hat verloren.
Ein Großteil der Spannung der ganzen Serie speist sich die ganze Zeit aus der Angst der Zuschauer um Personen, die entführt, befreit und wieder entführt oder sonst wie in Lebensgefahr sind, beziehungsweise aus dem Mitleiden mit der Person (Bauer) der durch diese Entführung seiner Familie schier zum Wahnsinn getrieben wird. Er speist sich also aus der großen Identifikation mit diesen „einfachen“ Menschen, die in eine Geheimdienstintrige geraten sind. Die Logik der ganzen Handlung bezieht sich aus dem überragenden Wert der Familie des Jack Bauer für ihn und damit für uns. Gleichzeitig fließt rund um diese Kernfamilie herum das Blut in Strömen, da werden Polizisten, Wachpersonal, Schurkenschergen die Menge abgemurkst, als gäbe es kein Morgen. Mit schönen präzisen Schüssen, Puff, sindse tot, schließlich sind die Täter auf beiden Seiten Profis. Da wird nicht, wie nicht zuletzt bei Tarantino und seien Vätern, langsam schreiend verendet – nein, wie zu John Waynes Zeiten: Ein roter Fleck in Herzgegend, das war’s. Das ist letztlich nicht allzu weit entfernt von der die Treppe hinabrollenden MP in „True Lies“, die zahllose Araber erlegt. Natürlich hier alles mit dem gebührenden Ernst, aber während die Serie eine große moralische und emotionale Anstrengung auf die Leben der Starfamilie legt, sind ihr die vielen Schäden am Rand kein einziges Innehalten wert, keinen Kamerablick zurück. Und wie auch, wenn man so viele Opfer in 24 Stunden (abzüglich Werbepausen) unterbringen muss. Und warum auch: Man kennt die Leute ja kaum. Allein die Besetzung des Hauptmonsters „Drazen“ mit Dennis Hopper zeigt, wie wenig Fantasie man auf die Gestaltung schon der Hauptschurken (Vater: Ex-Offizier, Kriegsverbrecher, Soziopath, Sohn 1: Seelenloser Technokrat: Sohn 2: Europäisch-zynischer Gigolo) verwendet hat. Geschenkt, wird man sagen, war doch ne spannende Sache, ist doch nur ne Serie, und ja: spannend war’s, und nein: Wir haben Hinweise, das GERADE in US-Serien deutlich mehr geht.
Man muss die Leute nicht abknallen, als hätte es „The Wild Bunch“ nie gegeben.

Heute die Folgen 5-8.
Doch, das fängt an Spaß zu machen. Ich bin nicht wirklich erschlagen von der Sache, aber doch doch...

Man muss der ganzen Sache beinahe schon zugute halten, dass sie sich, abgesehen von dem 24 h-Gimmick, ohne den es letztlich auch gegangen wäre, nicht bemüht, wie eine der neuen Erfolgsserien (HBO et.al.) rüberzukommen - niemand fängt an zu singen, geht zum Psychiater, lässt andere mit Blicken zu Staub verbrennen oder hat ulkige Neurosen. Das ist natürlich alles nicht übel und häufig brillant, aber "MONK" zeigt bei aller Unterhaltsamkeit auch, wie diese Ideen zur Attitüde werden können, die über Konventionalität hinwegtäuscht. Hier also nur der 24 h - Tickticktick, und der ist nett. Ansonsten ist es erfreulich solide gemacht - und die Geschichte ist tatsächlich so schön druchgebastelt, dass auch das schon wieder nett zu beobachten ist, ohne dass der Spin zu weit gedreht wird.

Was ich mich Frage: wenn Jamie, die Computermieze, der Maulwurf ist, warum hat sie nicht die Keycard, die kurz davor stand, geknackt zu werden, ausgewechselt, warum ging der Erpresser das Risiko ein, Bauer zurück in seine Zentrale zu schicken...will mir nicht so recht einleuchten. Klärt sich ja möglicherweise noch auf, aber ich glaube nicht so recht daran...
Abwarten.
Kiefer macht seine Sache gut. Xander Berkley, den ich hier Putinesk finde ebenfalls, wird aber nachdem klar ist, dass weder er noch der immer verdächtig rüberguckende Exlover Tony die Verräter sind, wenig gezeigt. Klar - für's Erste klar? Die ganzen Geschehnisse umd die entführte Tochter sind insgesamt überflüssig, aber mit irgendwas muss man die Zeit ja voll kriegen. Wie ja auch die Abende auf der Couch.

Nach den ersten vier Folgen von „24“, erste Staffel, freue ich mich auf die zweiten vier Folgen, die schon hechelnd an meinem Bein hoch springen. Ich tätschele sie und vertröste sie auf den Abend, schließlich gibt es Arbeit zu tun.
Was wäre eigentlich, wenn James T. Kirk einen Anruf von Starfleet Command kriegen würde (verschlüsselt, na klar), in dem ihm mitgeteilt wird, dass eine Verschwörung läuft (um den Chef der Föderation zu ermorden), und jemand aus seiner Truppe dahintersteckt?

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Ja, dann hätte man ungefähr das, was 24 zeigt: Irgendwie erinnert Kiefer Sutherland in seiner ihm fremd gewordenen Kommandozentrale sehr an einen Kirk, der vermutet, das Chekov ein Spion der Klingonen ist, und nur noch Spock und Uhura vertrauen kann und mit ihnen tuschelt. Und der seinen Transmitter nicht mehr benutzen mag (oder wie hießen die Dinger). Über den also, nach einer Periode fröhlichen imperialen Sammelns, das Zeitalter des Terrorismus hereingebrochen ist.
Und auch ansonsten sind sie sich irgendwie ähnlich: Bauer (Sutherland) zwar der etwas radikalere Charakter, aber ansonsten beide immer aufgelegt, für das unbestechlich empfundene Staatstragende / Föderationsnützliche die Befehle der höheren Kommandoebene zu missachten und Schimanskimäßig auf Warp zu gehen.

Die Dramaturgie von 24 – bis zu diesem Punkt – ist eine des stetigen Verhinderns. Scharfe Konflikte werden aufgebaut, jemand (meist Kiefer) macht sich auf, die zu lösen, kommt aber gar nicht in die Nähe seines Ziels, weil er schon wieder unterbrochen, in eine andere Handlungsschleife gezerrt wird, um dort wieder unterbrochen zu werden. Und das – so jedenfalls mein Eindruck bis hier – ist eines der Mittel, aus denen die bezwingende Atemlosigkeit der Serie sich speist.
Sehr spannend, so far.
Und die Geschichte mit dem gequälten Mädchen – da mochte ich mal wieder am liebsten vorspulen. War aber tapfer.

Gerade folgende kaum zu überschätzende Leihgabe bekommen: Monty Python's Flying Circus komplett auf DVD (Scott of the Sahara, Scott of the Sahara, Scott of the Sahara). Das gibt's ja gar nicht. Wie soll das den weitergehen, wenn in wenigen Tagen die zweite Staffel "The West Wing" eintrifft, die ihrerseits die bereits vorhandene dritte aktiviert und die Zeit sich nicht auf wundersame Weise vermehrt (Ausserdem womoeglich mit baehr beide Staffeln 24 gucken. Wer plant, verliert. Wahrscheinlich einfach geschehen lassen.) Und die zweite Staffel "Mad About You" schreit auch schon: "Guck mich! Guck mich!" Und wer möchte schon gerne mit Pech übergossen werden. Und das Kino verlangt auch, dass man sich ihm mit aller gebotenen Sorgfalt widmet. Old Boy, Girls Club (!), In deinen Händen, Dänische Delikatessen, The Village (ist da am Ende was dran? Ich mag's kaum glauben, "Signs" war so ein gähnend langweiliger Quatsch, aber jetzt mahnen sogar ernstzunehmende Stimmen zur Geduld), Hab ich was vergessen? "Riddick"? "Pitch Black" war ja ganz gut. Oder sogar "Sommersturm"? Der Trailer war aber abscheulich. Andererseits: Scheiß auf den Trailer. Mal sehen, ob das Wochenende vier Filme hergibt.

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Svenson brachte Kassetten mit, mit dem Befehl, sie mir anzusehen. Dem darf ich mich nicht widersetzen, und ich sah an einem Abend die ersten zwei Staffeln „Black Adder“: Mittelalter und Elisabethanisches Zeitalter.

Was hat mich gefesselt, was leistet denn eine Serie um zu fesseln?
Wichtig natürlich: sinnlose Gewalt gegen Schwächere, sexuelle Perversion aller mit jedem (und Schafen), Gotteslästerungen. Dazu Anspielungen auf historisches und künstlerisches Bildungsgut für den aufrechten Gymnasiasten. Das ist schon gut, aber für sich genommen weder humorig noch suchterzeugend – schürfen wir also tiefer.

„Black Adder“ kämpft einen täglichen, ungewinnbaren Kampf – einen Kampf, den jeder von uns ebenso kämpft. Und das gefällt uns natürlich, wir fühlen uns verstanden. Er ist in der selben Lage wie wir alle: der einzige vernünftige Mensch auf einem Planeten von Vollidioten – gutwilligen Narren und gemeingefährlichen Spinnern.
Deshalb verstehen wir ihn so gut, deswegen bleiben wir so ausdauernd an seiner Seite. Denn:

Wie diese Spinner in die Positionen gekommen sind, in denen sie sind, ist unverständlich. Aber sie nehmen sie ein, und das ist Black Adders Fluch. „Black Adder“ ist eine Gesellschaftskomödie, und er selbst ist unerbittlich eingebunden in diese Gesellschaft von Freaks.
Sie dienen ihm und er dient ihnen. Er durchschaut sie und kann sie doch nicht fliehen.
Zu sehr sind seine eigenen Interessen gesellsellschaftliche. Die debile Königin, deren Grillen er ausgeliefert ist und sie aus höfischen Machtkalkül mitspielt, der devote Kanzler, der Höfling, der zu blöd ist, um zu merken, wie schwul er ist, der steindumme, treue Diener – er hasst sie, er verachtet sie, er durchschaut sie. Und er spielt mit. Er ist an sie gekettet, weil sie unverdiente Macht über ihn haben oder er über sie. Oder weil sie seine gesellschaftliche Position teilen.

Kennen wir das nicht? Direktoren, Professoren, Lehrer, Chefs, Kollegen, Angestellte, Studenten, Staatssekretäre, Redakteure, Kunden, Schüler...an sie gekettet schleppen wir uns durchs Leben, ohne je eine Antwort auf die Frage zu bekommen, womit wir nur diese Bande verdient haben. Manchmal mag jemand darunter sein, der auch einigermaßen normal tickt, aber insgesamt ist diese Brut eine debile Pest.
Black Adder tritt uns als einziger vernünftiger, klar denkender Mensch in diesem Panoptikum gegenüber, und um dem Wahnsinn, der ihn umtost, zu begegnen, steht ihm ein einziges Instrument gegenüber, das die Serie zu einer sehr englischen macht: die Ironie. Nur sie macht es Edmund Blackadder möglich, in dieser Welt der Deppen zu überleben, und aus diesem Gegensatz saugt die Serie ihren grandiosen Humor.

Denn: diese Kaltschnäuzigkeit brächten wir in unserer täglichen Plage eigentlich auch gerne auf, und auch wenn es um Queen Elizabeth die erste geht, denken wir: „Genau so isset! Genau so!“

Und hier wird auch erkennbar, das es geradezu eine Notwendigkeit ist, dass „Black Adder“ in unterschiedlichen historischen Epochen spielt: die Sicht Edmunds ist die resignierte, ironische Sicht eines Menschen des 20.ten Jahrhunderts, den es auf welchem Wege auch immer in die Vergangenheit verschlagen hat, und der weiß, dass er ihr nie wieder entrinnen wird.

Jemand, der in Verhältnisse geraten ist, die er nicht mag und in die er nicht eingewachsen ist, die er aber nicht verlassen kann.
Black Adders Sicht auf die Dinge und die Zeitgenossen ist die eines bewussten, außerhalb seiner Epoche stehenden Menschen. Und jede Zeit gebiert ihre eigenen Idioten, die an den Nerven des Unglücklichen nagen – einige Prototypen natürlich bleiben gleich. Wir werden sie heute Abend alle kennenlernen.

„Black Adder“ also zeigt die Welt, in der wir leben, in ihrer ganzen Hässlichkeit, und diese Einsicht geht noch tiefer: denn die Welt ist und war nicht nur bevölkert von Grenzdebilen, sondern überdies ist sie zutiefst unmoralisch – keine Werte und Normen sind echt, denn die, die sie vertreten, kennen sie meist garnicht: hurende, erpresserische Priester, korrupte, verräterische Beamte, brutale, räuberische Machthaber, und und und...

Die freundlichen Ungenauigkeiten in der sexuellen Orientierung fast aller Beteiligten, die die Serie durchziehen, sind da noch die netteste Seite des Durcheinanders aller Werte.


Kein Wunder, dass gerade die naivste Figur im Ensemble die ist, die die Hoffnung nicht aufgibt, dieses Tohuwabohu doch noch irgendwie ordnen zu können: der Diener Baldrick entwickelt mit schöner Regelmäßigkeit einen „cunning plan“, mit dem er hofft, die Situationen, in die er und sein Chef geraten, doch noch irgendwie durch eigene Initiative retten zu können. Edmund, der eigentlich die Hoffnung, dass ein Plan in dieser irrsinnigen Welt funktionieren könnte, längst aufgegeben hat, hat sie ihn doch nicht ganz verlassen: Er hört sich diese Pläne immer wieder an – und wird jedesmal enttäuscht, denn die Pläne Baldricks stehen der ihn umgebenden Welt in ihrer Absurdität nichts nach. Vielleicht würde das bedeuten, dass sie funktionieren, doch diese Volte lehnt Edmund, der Vernunftsmensch ab, denn das würde ihn in den Wahnsinn hinabziehen. So bleibt ihm nur die passive Haltung des ironischen Leidenden.

Darum ist er ein radikaler Hedonist: er hofft auf nichts, außer darauf, die Zeit, die er in dem ihn umgebenden Irrenhaus verbringen muss, möglichst angenehm zu gestalten. Er unterstützt die Normen, die um ihn herum in Trümmern liegen, zwar auch nicht, aber er bemerkt immerhin und als einziger, wie es um sie steht.

Und das macht ihn zum modernen Menschen im archaischen Ensemble.
Wenn am Ende der Serie Baldrick seinem Chef ein letztes mal einen Plan vorschlägt, der sie aus der tödlichen Situation befreien könnte, will Edmund ihn zum ersten mal nicht hören. Er hat auch die letzte Hoffnung auf die Möglichkeit, dem irrationalen Wahnsinn zu entgehen, aufgegeben. Und diese Erkenntnis ist der Tod.
(Dokumentation einer Einführung zur Serie anlässlich "Meine Serie und ich" im Koki Kiel, 2002)

Es ist schon schöner, wenn DVDs mit der Post kommen, als wenn man sie aus dem Laden mit nach Hause nimmt. Die erregte Vorfreude auf dem Weg zum Briefkasten - möglicherweise hält man gleich das gute Stück in Händen - können einem WOM et al. einfach nicht bieten. Da macht es auch nichts, wenn der Postmann wieder das schmale Zeitfenster abgepasst hat, um - statt das Päckchen bei einem Nachbarn zu hinterlassen - einen Benachrichtigungszettel einzuwerfen, der sich dann zumal zwischen Werbeprospekten versteckt. Aber den Widrigkeiten trotzend hat sich die erste Staffel von "The West Wing" zu mir durchgekämpft. Und ich habe es ihr mit zärtlicher Aufmerksamkeit gelohnt. Ich hatte ja keine Ahnung. Folgende Voraussetzungen: Ich hatte mich nicht informiert, der an verschiedenen Stellen immer wieder aufgeschnappte Hinweis, eine Serie sei gut, reicht mir im Allgemeinen. Näheres erfährt man dann ja beim Sehen. Folglich dachte ich, es handele sich um eine Comedy-Serie. Pro Folge vielleich 22 Minuten und 30 Sekunden. Tempo, Tempo, Tempo. Gepfefferte Dialoge voller Witz und Schlagfertigkeit. Sexuelle Anspielungen, ohne zu explizit zu sein - wird schließlich nicht von HBO produziert und ausgestrahlt. Eigentlich dachte ich wohl, es handele sich um "Spin City", bloß im Weißen Haus, wahrscheinlich hat mir außerdem der Name Sheen (Charlie: Spin City, Martin: The West Wing) diese Vorstellung ins Unterbewusstsein diktiert. Dann der Autor: Aaron Sorkin hat "A Few Good Men" geschrieben und "The American President". Beides Filme, die möglicherweise schwächer sind als ihr Buch, sind sie doch vollkommen unpersönlich inszeniert und markieren die Etablierung von Rob Reiner als - nicht uneleganter - Mainstream-Konfektionär. Auf jeden Fall Filme, die wie PR-Maßnahmen wirken. Sie erlauben keinen unbeobachteten, unvorbereiteten Blick unter die Oberfläche. Sie sind wie kompetent geleitete Führungen. Auch die Abweichung folgt einem kalkulierten Zweck. Vielleicht verstehe ich daran aber auch nur die besondere Ironie nicht. Sei's drum. "The West Wing" ist von anderem Kaliber. Die erste Folge geht sofort in medias res. Jede einzelne Hauptfigur wird uns vorgestellt, besser: gezeigt, und zwar genau dort, wo wir sie in der Serie häufig sehen werden: an der Schnittstelle von Beruf und Privatleben. (Falls das noch nicht klar war: es dreht sich um den demokratischen Präsidenten der Vereinigten Staaten und seinen Inner Circle: Stabchef, Pressechefin, Redenschreiber usw.) Und fast allen wird erstmal die Hose runtergelassen. Jeder muss in einem raren Moment auch qualitativ eingeschränkter Privatheit professionell reagieren. Jedem gelingt es auf seine Weise, aber wir haben sofort - noch bevor er überhaupt entfaltet wird - den Kern des Problems dieses Lebens erfahren, ganz ohne Sentimentalität, einfach so. Das könnte man - und muss es sonst meistens - ablegen unter: Schwäche zeigen, um Menschlichkeit zu erzeugen. Aber hier funktioniert es anders. Die Schwäche ist der Ausgangspunkt, sie ist nicht der Schönheitsfleck, der wohlkalkulierte Makel, die vorweggenommene Parade des Vorwurfs, unrealistische Supermenschen zu zeigen. Im Gegenteil: Die Schwäche macht die Figuren erst komplett. Natürlich reden wir hier von Schwäche auf ganz hohem Niveau und natürlich reden wir hier auf gar keinen Fall von Realismus. "The West Wing" erlaubt es sich einfach, nicht allzu offensichtlich mit den Eigenschaften seiner Figuren zu argumentieren. Die Serie fordert sogar eine gewisse Kenntnis politischer Vorgänge vom Zuschauer. Und setzt Politik nicht allein als Metapher für private Dispositionen ein, sondern behandelt sie auch als Gegenstand. Sie erliegt auch nicht der Versuchung, Politik als hassenswerten Sumpf darzustellen, auf den man alle seine Ängste und Vorurteile projizieren kann. Die Autoren geben sich tatsächlich alle Mühe, der Komplexität ihres Gegenstandes gerecht zu werden. Dass dabei gewisse Vereinfachungen anfallen, z.B. dass die meisten Mikroerzählungen auf irgendeiner Ebene ein Happy End haben: geschenkt. Vielleicht kann man auch monieren, dass die Protagonisten alle zu gut sind, zu geistreich, zu eloquent. Dass ein derart liberaler Präsident nie gewählt worden wäre. Scheiss drauf. Wie gesagt, hier geht es nicht um Realismus.
Aber finde ich die Serie wegen der beschriebenen Vorzüge gut? Natürlich nicht. Sondern weil sie exzellente Schauspieler hat (seit wann ist denn bitte schön Rob Lowe gut?), exquisite Dialoge, halsbrecherisches Tempo und weil sie verdammt noch mal auf der richtigen Seite steht und daraus auch keinen Hehl macht. Man stelle sich mal Schröder vor, der Frank-Walter Steinmeier vom wohlverdienten Schlaf abhält, indem er ihm Vorträge über die wichtigsten deutschen Naturschutzgebiete hält. Jetzt so hingeschrieben liest sich das eigentlich ganz lustig.

heatvision

"If fate makes you a motorcycle, you become a motorcycle."
So muss Fernsehen aussehen, wenn's nach dem begnadeten Ben geht.
1999: Ben Stiller entwickelt eine TV-Serie, "Heat Vision and Jack", mit Jack Black als Astronaut und Owen Wilson als sprechendes Motorrad. Ein kruder 50er Sci-Fi - Knightrider-Mix. Es bleibt beim Piloten, der es niemals ins Fernsehen, geschweige denn in die Serienproduktion schafft. Man ahnt, warum. Also: Auch hierzulande nie gesehen. Sehr witzig, lässt zum Ende etwas nach, auf jeden Fall was für Jungs.

Runterzuladen bei: http://waxy.org/bt/, man muss vorher den auf derselben Seite verlinkten "bit torrent"-client runterladen. Der beißt nicht.

(via: Drew http://www.script-o-rama.com/blog/blog.html)

 

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