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Das Schöne an „Sky Captain and the World of Tomorrow“ ist, dass nicht nur der Look zu Ende gedacht ist. Der Look, der mal wieder beweist, dass die dreißiger als ein ziemlich schickes Jahrzehnt in die Geschichte eingegangen wären, wären sie nicht so übel geendet. Kerry Conran hat sich alle erdenkliche Mühe gegeben, und so erkennt man erfreut Detail über Detail aus den unterschiedlichsten Filmwelten, die hier zueinanderfinden und sich fröhlich aneinanderschmiegen. Das ist alles sehr sorgfältig und liebevoll zusammengestellt, und das gilt es zu loben, bei all dem Pfusch, den man sieht. Es ist daher auch ein Film über das Zusammenfallen von Geschichten und Motiven: Wenn sich auf der Insel „King Kong“ „The Island of Dr. Moreau“ und „Jurassic Park“ sanft küssen, wenn sich mit dem fliegenden Schiff der Angelina Jolie die schwebende Stadt aus „Star Wars“, Jules-Verne-Animationen und „FP1 antwortet nicht“ ins Bild schieben, wenn sich in dem Moment, in dem Jude Law und Gwyneth Paltrow die Montagehalle von Dr. Totenkopfs Raumschiff betreten „Die Frau im Mond“, „Independence Day“ und „Lord of the Rings“ spielerisch übereinanderschieben, dann ist das einfach nur wunderschön. Und man freut sich, dass so ein Reiten auf den Wellen der Filmgeschichte (der für Jungs) heute so schön machbar ist. Schon der furiose Beginn, der das Eintreffen der „Hindenburg III“ in New York zeigt, beweist, was Computeranimation leisten kann, wenn sie funktioniert: Ich fragte mich zum ersten Man in meinem Leben, was es wohl für ein Anblick gewesen sein man, mit einem Zeppelin in New York einzutreffen.
Und das gleiche gilt für die Geschichte, die nur sich selber tragen braucht, und all die Erinnerungen, die man sich in sich trägt.
Und die auch mit Liebe zum Detail geschneidert ist, aber eben auch mit dem Blick für’s große Ganze: (Hier kommt der Spoiler...) Denn es ist mehr als eine Pointe, dass der ganze Film um einen leeren Mittelpunkt kreist: Der genretypsiche Übeltyp, Dr. Totenkopf, ist schon seit langer Zeit tot – alles was passiert, ist ein Programm, einst von ihm in Gang gesetzt, dass nun auf sein geplantes Ende, die Vernichtung der Welt natürlich, hinläuft. Das Böse im Film ist nicht das Genie des deutschen Wissenschaftlers, der in seinen Eigenschaften als Kreuzung aus Werner von Braun und Mengele erscheint. Nein, es ist ein Uhrwerk, es läuft immer weiter, ohne, dass es noch Verbindung zu diesem Ursprung hat (Totenkopfs Leiche hält einen Zettel mit der Aufschrift "Forgive me" in der Hand). Das ist eine ähnliche Konstruktion wie die des mechanischen SS-Schergen in „Hellboy“, nur hier noch radikaler ausformuliert: Das Klischee des militaristischen, sadistischen Deutschen Madman rumpelt, einmal aufgezogen, weiter vorwärts durch die Filmgeschichte, ohne einen rechten Bezug zu anderen Realitäten noch zu haben, immer mehr zu einer fantastischen Figur aus dem Mythenschatz des popuären Kinos werdend wie Frankenstein oder der Werwolf.
Eine Chiffre, soweit entfernt von den historischen Bezugsgrößen, dass derselbe Film, der sie aufruft, sich daran macht, einen großen anderen Teil des deutschen Filmerbes und seiner Ästhetik danebenzustellen und wie einen Schatz aufzupolieren. Und der dies vielleicht gerade deswegen kann.
Nebenbei: Mich würde wirklich mal interessieren, nach welchen Kriterien Jude Law eigentlich seine Rollen aussucht. Der hat doch ne Meise.

Früher, beim „Großen Preis“ mit Wim Toelke, ging es nicht nur an der Monitorwand um Allgemeinwissen. Jeder der Kandidaten war auch ein „Experte“, hatte ein Fachgebiet, um das es in der ersten und natürlich der letzten Runde ging. Wir erinnern uns: Ernsthafte Menschen in orangenen Plastikkapseln und der Schiedsrichter Eberhard Gläser (Namen, die man nie vergisst) mit seiner Glocke, unterstützt von – wiederum – Experten, die die Richtigkeit der Antworten beurteilen mussten. Es waren Experten zu Gebieten wie Tour de France, Hitchkock, Louis Armstrong und so. Mir kamen sie vor wie bessere Universitätsprofessoren. Mindestens. Was sie nicht wussten, war nicht zu wissen. Ich glaube, der Kult um diese Experten hat mir meinen bis heute fortwirkenden Respekt für die Versenkung in überflüssige Wissensgebiete eingepflanzt, so letztlich mein ganzes Studium beeinflusst. Dass es für den „Großen Preis“ reichte, sich den Inhalt von zwei, drei Büchern einigermaßen einzuprägen, war mir natürlich nicht klar. Für mich war das die Quintessenz des Begriffs „Wissen“. Auch dass es bei den Antworten in der letzten Runden Verhandlungsspielraum gab flößte mir Ehrfurcht ein. Hier war ein wahrer Fachdisput im Gange, es ging noch etwas zwischen „falsch“ und „richtig“. Der Respekt galt nicht nur dem breiten allgemeinen, sondern dem vertieften Wissen. Die Zeiten sind vorbei. Bei Jauchens ist das „etwas Wissen“ zu einem Glücksspiel geworden, je mehr man alles mögliche mal gehört hat, umso besser. Falsch und richtig ist eine ganz klare Sache, bei Multiple Choice bleibt kein Platz für Grauwerte. Irgendwie mehr wie Sport. Scheint mir irgendwie mit der Entwicklung vom Magister und Diplom hin zu Bachelor und Master zusammenzupassen. Der Raum für die Versenkung ins Überflüssige schwindet. Ich plädiere für eine rote Liste des überflüssigen Spezialwissens, und das mit guten Anlass: Die Slavistik in Kiel, also das Institut, dem ich meinen Magister und daneben einige der schönsten und wichtigsten Erfahrungen meines Lebens verdanke, soll dichtgemacht werden. Wie auch die Archäologie. Unsere Landesmütter und-väter nennen das im schönsten Technokratensprech „ stärkere Vernetzung der Hochschulen“, die bezwecken soll, dass: „die Dimensionen und Perspektiven der einzelnen Fächer auf der einen Seite und die Erwartungen der Studierenden und des Arbeitsmarktes auf der anderen Seite den Anforderungen der Zeit entsprechen". Der Arbeitsmarkt war natürlich schon immer das Hauptkriterium der Studierenden der Slavistik und der Archäologie. Und gerade diese Fächer müssen dringend an den Anforderungen der Zeit orientiert sein. Was heute offensichtlich bedeutet, sie zu beseitigen. Gut, dass Eberhard Gläser das nicht mehr erleben muss. Ich muss es leider.

http://www.uni-kiel.de/aktuell/pm/2004/2004-093-hochschulautonomie.shtml

Mein Teekesselchen heißt Hollywood. Ganz klar: Hollywood als Schlagwort im deutschen Mediendiskurs steht stets für das US-Kommerzkino - Kronzeuge für die notorische Verwendung sei diesmal Christoph Hochhäusler, Regisseur ("Milchwald") und Filmpublizist ("Revolver") Was er schreibt ist leider typisch (er ist ja auch auf Rabatz aus): "Das erste Modell nennt man gerne Hollywood. Gemeint ist die industrielle Produktion von Kinofilmen nach Maßgabe der Profitinteressen großer Konzerne. Der kommerzielle Erfolg und die Reichweite stehen im Mittelpunkt, unabhängig von Inhalten. Die Filme werden von einem Look, nicht von Sinn zusammengehalten." Nicht nur "man" nennt es Hollywood, auch er tut es im weiteren. So, das wäre klar, so darf der westeuropäische Linksintellektuelle über "Hollywood" denken, ohne angemeckert zu werden. Das kennt man.
Und dann gibt es da noch diesen völlig anderen Begiff von Hollywood, auch er ein negativer: In den USA ist "Hollywood" das Schimpwort der Konservativen für das liberale Bürgertum. Kronzeuge sei hier ein gewisser Robert Ritchie, der republikanische Herausforderer des amtierenden US-Präsidenten Jed Bartlet, in der Serie "West Wing" (on heavy rotation bei mir zur Zeit). Er wirft Bartlet im Zwiegespräch vor: "You cannot be trusted. You're liberal. You're Hollywood". Hollywood als Synonym für liberale Sittenlosigkeit, für Charakterlosigkeit, moralische Verlorenheit, Vergnügungssucht, und so weiter. Das adressiert natürlich zuerst den Lebensstil, den ein Farmer aus Oregon den Bewohnern Hollywoods unterstellt, aber durchaus auch die Wertewelten, die in vielen Filmen verbreitet werden (nicht in denen von Mel Gibson). Der echte Präsident G.W.Bush steht da nicht zurück: Auf dem Parteitag in Washington sagte er: „Wer sagt, dass in Hollywood Herz und Seele von Amerika gefunden werden können, der verkörpert nicht konservative Werte.“
Ich muss an das Ende von "Easy Rider" denken. Und daran, dass sich das Land von Leuten unterhalten lässt, die es nicht mag, weil es sie für unpatriotische Freidenker, insgesamt sittenlose Gesellen (wahrscheinlich jüdischer Herkunft) hält. Leute die es andererseits schaffen, die halbe Welt zu unterhalten, obwohl man sie in großen Teilen dieser Welt seit Jahrzenhten immer wieder als das Paradebeispiel für kommerzgeile Volksverdummer hinstellt. Denen also von beiden Seiten das diametral schlechteste vorgeworfen wird. Seltsames Doppelvorurteil, und darum hier einmal ein ausdrückliches "Hooray for Hollwood"!!!

Was für eine schöne Trias, was für ein Zufall und eine Gelegenheit zu vergleichen – oder haben die Verleiher sich abgesprochen, uns diesen veritablen Paranoia-Dreierpack zu bescheren. Jedenfalls gab es in derselben Startwoche „The Forgotten“, „The Machinist“ und „The Manchurian Candidate“ durchzusitzen, zu bewundern und zu bestaunen. Die Umwelt stellt sich dem Protagonisten als auf rätselhafte Weise feindlich dar, könnte der kleinste gemeinsame Nenner lauten. Jeweils ist es zumindest eine Zeit lang kaum möglich, zu entscheiden, ob sich die Bedrohung in der Phantasie der Hauptfigur abspielt oder real ist. Und interessanterweise spielen die drei Filme diese Konstellation auf völlig unterschiedliche Arten aus, kommen zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen und sind – jetzt wird’s endgültig banal – unterschiedlich gut.

The Forgotten:
Eine kleine Zeitreise. Irgendwann in den tiefen Neunzigern lockte auf dem Hamburger Fantasy Filmfest den klammen und geizigen Filmfreund das Angebot, den Pilotfilm der vermeintlich überdurchschnittlich gelungenen Mystery-Serie „The X-Files“ KOSTENLOS im Metropolis-Kino zu sehen, und das auch noch einige Wochen vor Ausstrahlungsbeginn auf Pro7. Und auf Englisch. Regie: Robert Mandel, der den damals von mir stark geschätzten „F/X – Tödliche Tricks“ inszeniert hatte. Ich also hin. Mich entlang der Erträglichkeitsgrenze gelangweilt, mich aber auch beschwichtigt: Vielleicht ist dein Englisch nicht gut genug und du hast nur die Hälfte verstanden und zwar die langweilige. Besagte Wochen später die Verifizierung auf Pro7. Dieses Zeug ist tatsächlich ungewöhnlich zäh. (Hieß dieser übersinnlich verunklarte Humbug eigentlich damals bei uns schon Mystery oder seitdem erst.) Fazit: „The Forgotten“ ist genauso spannend anzusehen wie das zweitemal eine öde Folge Akte X.
Kinder auf der Leinwand machen mich erst mal skeptisch. Nur allzu leicht wollen Filme den Zuschauer in die Geiselhaft der Kinderliebe nehmen, zu welcher letzteren es vermeintlich keine moralische Alternative gibt. Hier ist ein Kind gestorben und die Mutter kann nicht loslassen. Ein Fall für den Psychologen. Warum mich von Anfang an genervt hat, dass die Mutter sich Videos mit ihrem Sohn reinpfeift, kann ich gar nicht genau sagen. Vielleicht weil es so ein scheißniedliches Balg ist, das all die scheißniedlichen Sachen macht, die Kinder in Filmhomevideos machen, um sich beim Zuschauer einzuschleimen. Vielleicht ist es daher eine schlechte Voraussetzung für das Spannendfinden dieses Films, wenn man sich insgeheim – nein offen – freut, wenn Video und Fotos perdu gehen, also wohl fortan nicht mehr auftauchen werden. Wenn man geradezu hofft, von dem Kind werde nicht mehr die Rede sein, die Mutter werde diesbezüglich Vernunft annehmen und den knackigen Alkoholiker trocken- und flachlegen. Vielleicht ist ja auch noch eine hübsche Tanzszene drin. Den Erfolg trügen derweil ACHTUNG SPOILER!!!!!!!!!!!!!!!!! die Aliens davon, die mittels des Kindesraubs ja die Vergesslichkeit der Menschen testen wollten. Ein Erfolg von dessen Zustandekommen übrigens was genau abhing? Genau: gar nix. Aber wie es der Film leider will, haben die Aliens die Rechnung ohne das Muttertier gemacht, das unbeirrt und unbeeindruckt – auch angesichts gen Himmel fliegender FBI-Agenten und Polizisten - sein Ziel verfolgt: Wir müssen unsere Kinder finden. So mächtig kann nämlich kein Alien sein wie die Liebe einer ... ächz. Der Film meint diesen hanebüchenen Quatsch völlig ernst. Anfangs gibt er sich psychologisch feinfühlig und arrangiert routiniert aber unendlich ÖDE Details, die verunsichern sollen. Hier findet lediglich Informationsvergabe gepaart mit Nulldialogen statt, während die Musik „Atmosphäääääre“ dudelt.
Dreiste Familienpropaganda (und das von Joseph „Stepfather“ Ruben) und Alienunfug. Es versammelt sich hier der hinterletzte Mist zu einem „Film“. Und warum in all dem Julianne Moore?

„The Machinist“ aber ist großartig und „The Manchurian Candidate“ überraschend gelungen. Später mehr.

Gebt mir eine Stunde im ungarischen Speisewagen, und aus einem angespannten, erschöpften bähr wird ein zufrieden knurrender bähr.
Gulasch mit Nockerln, Gurkensalat mit saurer Sahne, zwei Budweiser (mit tschechischem Etikett), ein Palatschinken mit Nusscreme und ein Mocca.
DAS ist ein Speisewagen! Und dazu noch dieses leicht scheddrige KuK-Ambiente. Da weiß man, der kommt aus Mitteleuropa. Wo unser deutscher Service-Bistro-Wagen herkommt, weiß ich nicht. Wirklich nicht. Und ich bin in diesem Land aufgewachsen.
Normalerweise warte ich gerne ein paar Minuten, um den Intercity aus Ungarn von Berlin nach Hamburg zu nehmen. Heute fuhr er sogar früher.

 

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