95 Thesen
anfangsdinge
Berlinale 2005
blockbusters!
Der Tod bei der Arbeit
Der Zufall, moeglicherweise
Ein andalusischer Film
Gegendarstellung
Grosse Kulturleistungen
It's only DVD but I like it
love etc.
mythen des alltags
Portrait of a serial actor
schau das an, Kisch!
Seasons in the Sun
things i never told you
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren

 
Früher, beim „Großen Preis“ mit Wim Toelke, ging es nicht nur an der Monitorwand um Allgemeinwissen. Jeder der Kandidaten war auch ein „Experte“, hatte ein Fachgebiet, um das es in der ersten und natürlich der letzten Runde ging. Wir erinnern uns: Ernsthafte Menschen in orangenen Plastikkapseln und der Schiedsrichter Eberhard Gläser (Namen, die man nie vergisst) mit seiner Glocke, unterstützt von – wiederum – Experten, die die Richtigkeit der Antworten beurteilen mussten. Es waren Experten zu Gebieten wie Tour de France, Hitchkock, Louis Armstrong und so. Mir kamen sie vor wie bessere Universitätsprofessoren. Mindestens. Was sie nicht wussten, war nicht zu wissen. Ich glaube, der Kult um diese Experten hat mir meinen bis heute fortwirkenden Respekt für die Versenkung in überflüssige Wissensgebiete eingepflanzt, so letztlich mein ganzes Studium beeinflusst. Dass es für den „Großen Preis“ reichte, sich den Inhalt von zwei, drei Büchern einigermaßen einzuprägen, war mir natürlich nicht klar. Für mich war das die Quintessenz des Begriffs „Wissen“. Auch dass es bei den Antworten in der letzten Runden Verhandlungsspielraum gab flößte mir Ehrfurcht ein. Hier war ein wahrer Fachdisput im Gange, es ging noch etwas zwischen „falsch“ und „richtig“. Der Respekt galt nicht nur dem breiten allgemeinen, sondern dem vertieften Wissen. Die Zeiten sind vorbei. Bei Jauchens ist das „etwas Wissen“ zu einem Glücksspiel geworden, je mehr man alles mögliche mal gehört hat, umso besser. Falsch und richtig ist eine ganz klare Sache, bei Multiple Choice bleibt kein Platz für Grauwerte. Irgendwie mehr wie Sport. Scheint mir irgendwie mit der Entwicklung vom Magister und Diplom hin zu Bachelor und Master zusammenzupassen. Der Raum für die Versenkung ins Überflüssige schwindet. Ich plädiere für eine rote Liste des überflüssigen Spezialwissens, und das mit guten Anlass: Die Slavistik in Kiel, also das Institut, dem ich meinen Magister und daneben einige der schönsten und wichtigsten Erfahrungen meines Lebens verdanke, soll dichtgemacht werden. Wie auch die Archäologie. Unsere Landesmütter und-väter nennen das im schönsten Technokratensprech „ stärkere Vernetzung der Hochschulen“, die bezwecken soll, dass: „die Dimensionen und Perspektiven der einzelnen Fächer auf der einen Seite und die Erwartungen der Studierenden und des Arbeitsmarktes auf der anderen Seite den Anforderungen der Zeit entsprechen". Der Arbeitsmarkt war natürlich schon immer das Hauptkriterium der Studierenden der Slavistik und der Archäologie. Und gerade diese Fächer müssen dringend an den Anforderungen der Zeit orientiert sein. Was heute offensichtlich bedeutet, sie zu beseitigen. Gut, dass Eberhard Gläser das nicht mehr erleben muss. Ich muss es leider.

http://www.uni-kiel.de/aktuell/pm/2004/2004-093-hochschulautonomie.shtml
 

twoday.net AGB

xml version of this page (summary)

powered by Antville powered by Helma

Site Meter