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Gestern morgen habe ich leider gezappt, statt einfach nur das schöne Frühstück zu genießen - man hätte damit ja auch auf den Balkon gehen können. Aber nein: "Schillerstraße". Ich habe ich mich kurz erinnnert, eine gruselige Ankündigung gelesen zu haben, Sat1 gehe demnächst mit einem völlig neuen Comedy-Format auf Sendung. Mehrere "namhafte Comedians" sollten da unter Führung von Cordula Stratmann in einer festgelegten Situation auf Anweisung improvisieren. Die Namen der namhaften Comedians jedenfalls erzeugten namenloses Grauen. Soweit mir bekannt, aber irgendwoher kennt man das Pack ja immer und sei es nur, weil man wegen einer verspäteten "Seinfeld"-Folge den Rest des "Quatsch-Comedy-Clubs" ertragen musste (Quatsch hat meines Wissens pejorativen Charakter, ist das also Selbstreflexion). Und nun das: Georg Uecker gibt anwesenden Improvisationsnieten a.k.a. Comedians Befehle wie:"Flirte auf sächsisch" und "Begehre den Barhocker" oder "Sag: Gerhard Schröder ist ein Außerirdischer". Sollte je eine Chance bestanden haben, dieses Format zu retten, dann doch wohl mit dem Nachempfinden bekannter Situationen, peinlich, pikant, wie auch immer. Anweisungen allerdings, die an sich schon schenkelkopfend herausgeprustet werden, sollten sogar von Spaßbremsen wie Martin Schneider und Annette Frier verweigert werden von wegen Restwürde. Und dann trat auch noch der spontanste Spaßvogel der deutschen Humorszene auf: Helmut Zerlett. Positiver Nebeneffekt: Bin vorerst von allen Neugieranfällen bzgl. Comedy geheilt. Sorge: Auch "Anke Late Night" hat als Therapeutikum nur ein paar Monate gehalten.

Kürzlich "The Meaning of Life" auf DVD gekauft, hatte ich tatsächlich noch nie auf Englisch gesehen. Ausführlich in das schöne Bonusmaterial und kurz in den Film hineingeschaut. Dabei endlich den Namen des ko- und platzenden Mannes verstanden: Mr Creosote. Bestimmt ein sprechender Name. Nachgeschlagen. Bedeutet: Kreosot. ??? Erster Link bei Google brachte folgenden Text: "Durch Destillation von Buchenholzteer gewonnene, klare, schwach gelbliche, ölige Flüssigkeit. Chemisch ein Gemisch aus Guajakol, Kreosol und Cresolen. Früher innerlich als Antiseptikum bei Lungentuberkulose angewendet. In der Homöopathie mit verschiedenen Indikationen genutzt." Ach so. Musste an die deutsche - gelungene - Synchronisation denken. "Es ist nur 'auch-'auchdühn." Heute wieder daran gedacht. Warum stellt jemand solches Toilettenpapier her?

Mal Vorweg zum Thema Zufälle: Charlie Sheen spielt einen Jungen Namens Fox (Bud). Jahre später spielt er wieder einen Jungen namens Fox (Michael J.). In "Spin City". Wenn man so will. Aber das nur am Rande. Und ich finde schon in Wallstreet schaut er ein wenig so drein wie Fox.

Martin Sheen ist der beste Darsteller - schon nicht mehr ganz jung, aber doch noch deutlich mehr "Apocalypse Now" als "West WIng". Mit Michael Douglas kann ich mich irgendwie nicht mehr so recht anfreunden, und Terence Stamp ist älter wirklich um Längen besser. Der ganze Film natürlich sehr sehr achtziger. Leider legt Oliver Stone Sheen mehrmals Worte in den Mund, die man nicht so gerne hören möchte. Denn schließlich ist Stone ja ein Liberaler, und der Film ist ein kritischer dem Raubtierkapitlismus der achtziger gegenüber (da waren die Raider bei uns noch garnicht angkommen). Also mahnt Sheen alias Fox seinen Sohn, er soll nicht Broker sein, und sein Geld nur mit dem Geld anderer verdienen, mit geschäften, die Selbstzweck sind, sondern lieber etwas herstellen, etwas erschaffen. Das ist nicht antisemitisch, es gibt auch keine jüdische Figur in dem Streifen, aber es ist ein alter antisemitischer Topos: Die Juden spekulieren mit den Werten, die andere schaffen.
Zudem: Das ganze Börsenvierel New Yorks, die Upper East Side, in die Bud Fox übersiedelt, kaum dass er Erfolg hat, und die er wieder verlässt, als er sich eines besseren besinnt, ist natürlich im im kulturellen Bewusstsein Amerikas mit dem Merkmal "jüdisch" verbunden...

Stone wendet diese Argumentation gegen Reagan, Thatcher und Co., die ja die Bedingungen für diese neue Geschäftswelt schufen. Es bleibt aber die schon biblische Verurteilung des Geldverleihers, und das ist nicht gut, auch wenn es ja eigentlich um was ganz anderes geht.

Vor ein paar Tagen habe ich "The Hours" auf DVD gesehen, und seitdem treibt mich neben dem, was der Alltag sonst so durch meine Birne sendet, ein kleines Rätsel um. Die Geschichte von Julianne Moore endet damit, dass Sie ihre Familie, einen Sohn und eine gerade geborene Tochter verlässt, und nach Kanada geht, ohne Begründung einfach für immer abhaut. Um Bibliothekarin zu werden. Der Sohn ist die Hauptfigur einer zeitlich später angesiedelten Episode.Das kam mir bekannt vor, irgendwie so bekannt, das kenn ich doch, von Irving? Schwant mir dunkel. Owen Meany, nein Witwe für ein Jahr, genau, die Protagonistin wird in einer zeitliche früher angesiedelten Episode von ihrer Mutter verlassen, ohne jede Begründung, die geht nach Kanada und schreibt dort Kriminalromane (wenn ich mich nicht täusche).
Kann das Zufall sein? Wir meinen: Nein.
Aber sollte Michael Cunningham in seinem Buch "The Hours", der Vorlage zum Film, bei Irving abgekupfert haben? Oder umgekehrt? So direkt und offensichtlich?

Unwahrscheinlich. Erst recht; weil: "A widow for one year" und "The Hours" sind beide 1998 erschienen.

Eine kosmische Konvergenz? Ein gemeinsamer Austausch über die Rolle nach Kanada entwichener Mütter bei einem Campus-Seminar in Neuengland?

Eine Anspielung auf ein Drittes Werk / Ereignis, das ich nicht kenne?

Geheimnisvoll.

Filme mit Musik von Philip Glass finde ich gut. Und den erst recht, mit wunderbaren Darstellerinnen (die Nase! Besser können SFX nixht mehr werden) und einem wie immer tollen Ed Harris. Am Ende hat man das Gefühl, einen tollen Film gesehen zu haben, über den man, schließlich geht es um Tod, Liebe, Kunst und Familie, dringend genauer nachdenken sollte, aber man ist zu müde.

Bei Ansicht der Liebesszene zwischen Clive Owen und Keira Knightley in "King Arthur" bekam ich auf einmal Appetit auf frischen, knusprigen Toast mit Kräuterquark. Warum das? Ließ das dargestellte meinen Speichel fließen und mich derartig animiert hungrig werden? Meine Vermutung geht in eine andere Richtung. In dem fiesen Schleim der den durchaus ansehnlichen Film überzog - ich spreche von Hans Zimmers "Musik" - war bestimmt irgendein Motiv aus irgendeiner Werbung (Milram-Frühlingsquark? Golden Toast?) unmerklich eingewirkt. Immerhin ist Zimmer Deutscher und irgendwo muss er seine unseligen Inspirationen ja her haben.

10sa1

Will mich da ja nicht festbeißen, aber doch. Sollte mal die Geschichte der Darstellung der Zwischenkriegszeit im neuern deutschen kino geschrieben werden, sollte man sich der Sache über Licht und Farbe nähern. Das hat Methode, und mir passt die ganze Richtung nicht.

Siehe:
http://kinopel.twoday.net/stories/304245/

Morgen, am 31.08.2004, läuft um 22.25 Uhr auf 3Sat ein Programm mit mehreren Kurzfilmen von und einer Kurzdoku über Jan Svankmajer. Svankmajer, der am 4. September 70 Jahre alt wird, ist einer der herausragenden europäischen Animationsfilmer. Dem Surrealismus nahe stehend entwirft er seit den 60ern in seinen Kurzfilmen groteske, faszinierende, beunruhigende, sarkastische Visionen. Dabei sind seine Filme formal bestechend und mit einem Schwindel erregenden Einfallsreichtum gesegnet. Das Programm setzt seinen Schwerpunkt eher auf die spätere Schaffensphase Ende 80er/Anfang 90er, kurz bevor sich Svankmajer verstärkt dem Spielfilm zuwandte. Ein absolutes Muss. Wer das verpasst, hat allen Grund, sich grün und blau zu ärgern.

Wahrscheinlich passiert es jeden Tag und ungewöhnlich ist was anderes, aber ich fand's hübsch. Ich sehe mir gerade "Captain Blood" an, einen großartigen Piratenfilm, dessen Sets und ihre Ausleuchtung einem den Atem rauben, genieße die geschmeidigen Bewegungen von Erroll Flynn und den schmierigen Charme von Basil Rathbone, die sich ein glänzendes Degenduell liefern, als die Blase drängt. Ich stoppe den Videorekorder und Fechten läuft weiter, jetzt aber Mannschafts-Halbfinale im olympischen Degenwettbewerb, Deutschland-Frankreich 44:45. Und sofort weiß ich wieder, warum ich Sportfechten im Fernsehen ganz gerne sehe. Als fernen Nachhall der Kämpfe, in denen es immer mit einem Lächeln auf den Lippen um Leben und Tod ging.

P.S.: Vielleicht weiß zufällig jemand, was es mit der Musik (Original: Erich Wolfgang Korngold) in der deutschen Tonfassung auf sich hat. "Captain Blood" lief nämlich auf Arte in Zweikanalton und Hin-und Herschalten zwischen den Tonspuren ergab, dass die Musik ganz und gar nicht identisch ist, sondern lediglich gelegentliche Überschneidungen aufweist. Ansonsten ist die Musik in der deutschen Fassung eher melancholisch und etwas behäbig, während sie in der Originalfassung wildromantisch und aufbrausend ist - und erheblich wirkungsvoller. Ist die Musik auf der deutschen Tonspur überhaupt von Korngold? Oder bin ich am Ende schwerhörig?

 

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