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Früher war alles besser. Klar.

Der neue Film steht zum ersten Film wie der Eiffel Tower in Las Vegas zum Orginal in Paris. Sieht der Sache wirklich ähnlich, aber es will nicht besonders große Ehrfurcht aufkommen. Kann ja heute jeder, wenn er genug Geld hat, was bei der Weltausstellung noch eine einmalige, unglaublich Ingenieursleistung war.

Der neue Teil hat kein Gefühl, für das, was er zeigt. Kein Gefühl für Dinge, kein Gefühl für Räume.
Der "Millenium Falcon" war ein Gerät, das im Film ebenso wichtig war wie sein Pilot. Er spielte eine Rolle, er war materiell, seine Beschränktheit prägte seinen Charakter wie seine Fähigkeiten. Er war ein Ort, an den man zurückkehrte, ein Ding, das ein Schicksal hatte. Wenn in ihm hinter einem Gitter im Cockpit ein Feuer ausbrach, war das mehr Ereignis als jetzt ein auseinanderbrechendes Riesenraumschiff.

Das Ding war gebaut, es gab es wirklich, es hatte Präsenz. Die primitivere Lösung - der Wüstenset auf den Kanaren, in dem man mit echten Schuhen durch echten Sand lief - mag Lucas als ungute Verlegenheitslösung erscheinen, der er seine Phantasie unterordnen musste, was er nun nicht mehr braucht. Sie bringt aber Leben in den Film, sie scheint überlegen. Das "anything goes" verkommt zu "eh alles schnuppe".

Im "Revenge of the Sith" kehren wir nie - fast nie - an einen Ort zurück. Lucas zeigt lieber einen neuen, noch spektakuläreren. Jede Reise findet in einem neuen, anderen coolen Raumschiff statt. Die Räume sind reine Kulisse, charakterlos, Bewegungen inihnen selten, und - wie banal es zu sagen -seltsam unwirklich.

Eine Kulisse wie die Bar mit den Aliens in "Star Wars" sucht man vergeblich, nichts, das bei aller Opulenz irgendeinen Erinnerungswert hätte.

Der Sprung Vaders auf die im Lavastrom schwimmende Plattform Obi Wans? Uninteressant, da nicht akrobatisch, kein Stunt im eigentlichen Sinne, da nicht echt. So was geht heute eben, na und?
Der Logen schmeißende Imperator im Duell mit Yoda? Der könnte sonstwas werfen, es ist kein Hingucker, das "Ist nicht echt" bricht allem das Genick.

Was bei "Sky Captain" als smartes, stilbewusstes Experiment funktioniert, weil es sein Mittel ganz offen legt, scheitert hier, weil es bei aller Fantastik des Gezeigten auf Realismus beharrt. Und den kann die Computeranimation offensichtlich nicht liefern.

Die Zukunft des Kinos liegt immer noch vor der Kamera.
mabo meinte am 7. Jun, 11:29:
hoppla hoppla, keine hingucker ? natürlich waren das welche, bist halt nicht mehr zielpublikum alter, ansonsten haste ja recht, das immerneuesehenmüssen und nichtandiealtenortezurückkehren hat mich schon bei vielen aufwendigen großproduktionen genervt, nicht auszudenken was ein guter regisseur mit dem stoff gemacht hätte,
aber das mit dem logenwerfen, besser kann demorkratiekaputtmachen doch gar nicht gezeigt werden ! 
schroeder meinte am 7. Jun, 12:12:
Nachdem ich die Einschätzung hier gelesen habe und dir in allen Punkten nur Recht geben kann, bin ich ganz froh, dass ich diese Perspektive nicht mit ins Kino gebracht habe. Ich war tatsächlich ausgesprochen fasziniert davon, wie sich alles der imperialen Zukunft annäherte und die real seit einem Vierteljahrhundert bestehende Lücke geschlossen wurde. Ich war sehr bewegt während des Films und auch im Anschluss noch lange. Das betrachte ich als Schatz. 
bähr antwortete am 7. Jun, 23:48:
Ja, das ist natürlich wahr, es ist schön zu sehen, wie der Kreis sich schließt, irgendwie rührend.
Trotz der Brüche (der Superkäfermäßige R2, der auf dem Sprung zum "vierten" Teil einige seiner neuen Features einbüßt).

Ungewöhnlich, im eigentlich Sinne dem mythischen Erzählen nahe, die Parallelmontage der Zweikämpfe zwischen Vader/Obi Wan und Yoda/Imperator: Wir sehen zwei finale Showdowns, und wissen doch die ganze Zeit, dass alle Beteiligten überleben werden. Diese Kämpfe sind also nicht wie in anderen Filmen die entscheidenden, obwohl sie dramaturgisch so stehen. Das, was ihnen daher an Spannung fehlt, ersetzen sie durch die Erhabenheit der sich in ihnen vollendenen Transformation des Neuen hin zum Bekannten. Sie lösen die Frage, wie alles so wurde, wie es schon immer war.
Leider finde ich die Vaderwerdung Anakins dann etwas enttäuschend - das schöne "Lord Vader?" "Yes, my Lord?" "Rise!" aus dem Trailer fehlt, stattdessen erscheint eine etwas unglückliche Frankensteinsche Variante.
Auch sein erster großer Auftritt mit Blick auf den werdenden Todesplaneten: zu kurz.

Nur nebenbei: Wenn der da schon im Bau war, und Luke ein Baby, habe sie ja so um die 20 Jahre am ersten Todesstern gebaut. Den zweiten haben sie dann eindeutig schneller zusammengekloppt. Oder lief das im Imperium so Transrapidmäßig? Das könnte auch die spätere tödliche Ungeduld Vaders über zu langsame Baufortschritte am Nummer zwei erklären.... 
timanfaya antwortete am 8. Jun, 09:02:
vader ...
dem kann ich nur beipflichten. zu kurzes gebastel, zu wenig anatomische details. das ganze war etwas zu hektisch eingefügt. an der stelle hätte lucas dem film etwas mehr schweigende länge geben müssen.

p.s.: das mit dem todestern paßt im prinzip nicht. es spricht aber auch nichts dagegen, daß man davon ein paar parallel bzw. zeitversetzt baut. außerdem war er zwar einsatzbereit, aber nicht fertig ... 
timanfaya meinte am 8. Jun, 08:53:
ich gebe dieser einschätzung auf den ersten blick recht ...

... aber auch nur auf den ersten blick. diese einschätzung hat meiner ansicht nach etwas mit unserer wahrnehmung zu tun ...

die ersten teile waren optisch erfaßbarer, bedingt durch normalen kulissenbau mit weniger details versehen. deshalb wirken sie in sich vertrauter, weil sie unserer normalen Umgebung näher sind. der hauptgrund liegt jedoch darin, dass wir diese orte und szenen über jahre immer und immer wieder gesehen haben und sie deshalb als vertraut empfinden. es gibt nämlich bis auf das cockpit des rasenden falken keinen einzigen wiederkehrenden lokal fassbaren ort. die allianz säuft mitnichten bei ihrer siegesfeier in episode VI rebellen-like die cantina in mos eisly [sowohl cantina als auch mos eisly tauchen in der alten triologie nur einmal auf] leer sondern macht im wald ein wenig hulla-hulla mit kleinen knuddelbärchen. es geht also um über jahre liebgewonnene eindrücke, nicht um gefühle des vergleichenden ersten sehens.

vertraute welten gibt es in den teilen IV bis VI auch so gut wie nicht. allein tattoine [2] und dagobah [2] tauchen mehrfach auf. das gibt vergeilchsweise häufiger in den neueren teilen [couroscant [3], tattoine [3], nabooh [3] ]. wobei ein finaler dialog auf dagobah zwischen obi wan und yoda sicherlich nicht verkehrt gewesen wäre um auch diesen ort in die prequels zu integieren.

insgesamt finde ich die geschichte von IV bis VI inhaltlich wesentlich lascher. sie ist aktionmäßig ausgerichtet und sehr gut umgesetzt, jedoch ohne tiefere bzw. weiterführende bedeutungen von einzelszenen. ich betrachte bei den filmen die geschichte. deshalb bin ich wohl auch einer der wenigen, die episode I für einen guten und richtigen einstieg halten. der storyplot ist absolut schlüssig und liefert den wichtigen grundstein für alles folgende. er ist das fundament. und das ist naturbedingt selten mitreißend.


trotzdem teile ich diese einschätzung gefühlsmäßig. kurz nach dem film wurde mir erstmalig vollständig bewußt, welche wichtige funktion bspw. die figur han solo in den ersten teilen erfüllt. ein charakter, der in den neuen prequels völlig fehlt. wodurch alle drei teile insgesamt etwas trocken rüber kommen. ich denke aber, dass es nicht anders ging. die geschichte der teile I bis III ist global gesehen die geschichte der jedi. wodurch der gesamte ablauf etwas sehr vermöncht, was aber einfach in der natur der sache liegt. durch eine han-solo ähnliche figur wäre dies vielleicht verwässert worde. außerdem hatte die ohnehin mächtig komplexe geschichte schlichtweg keinen raum für einen piratenmäßig dauerfluchenden protagonisten. es hätte wie draufgesetzt gewirkt. deswegen glaube ich, dass dieser eindruck bewußt in kauf genommen wurde und nicht zu verhindern war.



p.s.: es gibt neben vielen geschmäcklerischen star wars detaildiskussionen für mich nur eine einzige echte schwachstelle in der gesamten geschichte. und die war bereits 1977 nach knapp 30 minuten nicht mehr zu heilen. folgende szene: zwei plappernde roboter landen nach einem raumgefecht mit einer rettungskapsel mehr oder weniger zufällig auf einem planeten. dort gelangt einer der beiden zu einem von noch zwei lebenden alten jedi meistern, obi-wan. luke entfernt zufällig einen bolzen an der fiepsenden mülltonne und ... *plopp* ... auf einmal gibt es ein jedi thema!

bleibt die frage: was wäre eigentlich passiert, wenn die rettungkapsel abgeschossen oder mies gelandet wäre? wie lange hätte obi-wan noch gewartet, bis er luke das schwert seines vaters gibt und noch etwas prosa hinzufügt? nach einem echten plan – wie am ende von episode III besprochen – sah das jedenfalls nicht aus ... 
bähr antwortete am 10. Jun, 21:22:
In den ersten Teile erleben wir Innenräume, wie eben den Millenium Falcon oder die Kommandozentrale des Todessternes, die eine eigene Rolle in der Geschichte spielen, die die Geschichte begleiten wie ein Charakter, und das ist gut so, denn es ist menschlich, dass bestimmte Menschen ihre Räume haben, und das die stärksten Charaktere (Han Solo und Vader) eben über eine solche Heimat verfügen, sollte zu denken geben.
Ja, und die Teile 1-3 wollen in ihren Geschichten so viel, deuten so vieles an, das außerhalb liegt, dass sie die einfache Spannungshandlung ganz vergessen. Eine Aktion wie der Angriff dieser riesen Laufdinger auf die Rebellen auf dem Eisplaneten, die Dramatik aus der Bewegung im Raum schafft, gibt es da nicht. Naja, das pod race vielleicht, aber das hat mich aus einem anderen Grund geärgert: Ich empfand es als Degradierung, dass ein Film, dessen Vorgänger selbst einige starke Bilderinnerungen der Filmgeschichte geliefert hat, beifallsheischend plump und supersimpel Posen aus "Ben Hur" und "Eays Rider" zitiert, der eigenen Geschichte nicht trauend. 
 

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