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Ein Tanzfilm, das vor allem. Dann: Ein Film von Peter Chelsom. Der hatte "Hear my Song" gemacht und den wunderbaren "Funny Bones", und ich erwartete noch ne Menge, doch dann kam "The Mighty" und der irgendwie verquaste, gescheiterte, unfertige "Town and Country". Und jetzt, nach eine ganzen Weile "Shall we dance" (dazwischen noch ein "serendipity, von dem ich nix gehört habe). Das ist gediegene Ware, unterhaltungsstandard, perfekt umegsetzt, von der Kraft und Vision Chelsoms Anfänge weit entfernt, vielleicht ein Werk um Geld zu sammeln. EIn Film des "nicht zu sehr": Es wird dramatisch, eine Ehe scheitert fast, doch es kommt nicht wirklich zu Problemen, nur zu kleinen, undramatischen Volten. Es geht um Liebe, aber auch geliebt wird nicht zu sehr, alles bleibt züchtig und beim Alten. Es geht um die Kraft des Tanzens, aber die ist konservativ: SIe heilt die Probleme im bestehenden Leben, aber sie ändert die Leben nicht. Der Werbspruch ist also nur eine Halbwahrheit: "Step out of the ordinary". Ein Erbrechtsanwalt (Richard Gere) der merkt, dass er in seinem Leben mit seiner Frau (Susan Sarandon) unglücklich ist. Tag für Tag sieht er auf dem Heimweg eine traurige Frau aus dem Fenster einer Tanzschule schauen. Sie ist schön, und sie ist Jennifer Lopez. Er verliebt sich in dieses Sehnsuchtsbild, steigt aus der U-Bahn, läuft hinauf - sie ist Tanzlehrerin, doch in ihrer Traurigkeit, Schönheit und Perfektion für ihn unerreichbar. Er nimmt Tanzstunden, entdeckt seine Liebe zum Tanz, die seine Seele verwandelt, seine Frau denkt, er betrügt sie, sie heuert einen Detektiv an, erfährt alles.
Doch, man hätte Gere die Affäre mit Lopez gegönnt, auch Sarandon die mit dem fabelhaften Riochard Jenkins. Doch das darf nicht sein, alle werden nur aufgerüttelt, nicht verändert. Alles bleibt ungefährlich, unverbindlich, das "Andere" wird zwar als schön gezeigt, aber es wird nur benutzt, funktionalisiert, um das Normale wieder ins Lot zu bringen. Wegen dieser Mutlosigkeit seinen Figuren gegenüber, die nur kosten, nichts erleben dürfen, ergibt sich ein seltsamer Effekt: Der Film schein nur Nebendarsteller zu haben. Gere muss fast den ganzen Film über grau und unglücklich durch die Geschichte schlurfen, muss seinen Charme verhüllen, um ihn in wenigen triumphalen Momenten des eleganten Tanzes aufflammen zu lassen. Doch das reicht nicht, er füllt die Leinwand nicht. Jennifer Lopez ist ein Traumbild, ein wunderschönes, wunderbar tanzendes, unberührbares Wesen. Sie ist fast nicht wirklich da. Sarandon ist eine große Nebenrolle muss eine Maske spielen, sie erfüllt nur eine Funktion. Jenkins ist toll wie immer, aber auch er wird nicht von der Leine gelassen, und nur Stanley Tucci, der nun wirklich eine große Nebenrolle hat, nur er schafft es, wirklichen Schmerz, wirkliche Tragik zu bieten, obwohl er wie schon in "Terminal" wieder chargieren muss.

Trotzdem ein netter Streifen, besonders für Freunde des Tanzfilms, der den Weg ins Kino lohnt. Und erstaunlich wie Chelsom es schafft, gerade in einem Tanzfilm, wirklich niemandem aus diesem tollen Ensemble einen großen Auftritt zu verschaffen.
Das ist Kino für Leute, die es nicht lieben, sich von Filmen beunruhigen zu lassen. Ein Film, hinter dem noch ein ganz anderer lauert, ein wilder, aufregender, den Hollywood aber nicht erlaubt hat. Immerhin ahnt man ihn.
knoerer meinte am 9. Nov, 11:28:
Ach, Chelsom. Was für eine traurige Karriere. Vom wunderbaren "Hear My Song" Rutsch für Rutsch hinunter den absteigenden Ast hinein in die bloße, hirnlose Hollywood-Konfektion. So ein Werdegang, den ich einfach nicht verstehe. Serendipity übrigens leider ein ganz uninteressanter Film. Wie sagt man? Ganz nett, mehr nicht. (Und das nach diesem Beginn.) 
bähr antwortete am 10. Nov, 02:14:
Früher, zu Zeiten des real existierenden realistischen Sozialismus konnte man hinter so einer Karriere noch eine tragische Geschichte vermuten: Fantasie, geknebelt von herzlosen Parteikadern, das gebrochene Rückgrat eines wahren Künstlers. Aber für Pathos und Tragik hat der Hollywood-Kapitalismus keine Reserven. Wer hier seinen Kredit derartig verspielt, hat nicht mit Mitleid zu rechnen. Denn, man denke an Tim Burton etwa, an Soderbergh oder auch Gondry: Es geht ja! Der versponnene, formal inspirierte, moralisch eigensinnige Film hat seinen Markt. 
 

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