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Ich bin mir fast sicher, dass Tom Cruise in " Collateral" sein Haar grau trägt, um das letzte Bild, das man von ihm sieht, aber auch absolut stimmen zu lassen: Ein verlassener Mann in einer leeren, kalten U-Bahn. Micheal Mann versteht was von Farben. Und er versteht was von den großen Dingen, von denen seine Filme Handeln, von der Bestimmung etwa. Und so nach und nach macht ihn das zu einem ganz großen im US-Kino. Er kann erzählen, er lässt es gut aussehen. Und er baut ein großes Ding, um das der Film kreist, dahinter. Und dieses Ding, die Bestimmung hier, das Kreuzen der Fäden, die Tragik, zusammen mit diesem Look, diesem ruhigen Schick, macht ihn zu einem Verwandten der Hong-Kong-Leute, John Woo den frühen gerade, mit westlicher Schwere natürlich, soweit ich das beurteilen kann.

Er erzählt uns eine Geschichte, wie ich sie lange nicht gesehen habe. Auf den ersten Blick eine fast normale Kino-Thriller-Dramaturgie, der Film erzählt sich ohne große Widerstände in die großen Kinosäle hinein. Da ist der faszinierende Psychopath, der symphatische Normalo, der widerstrebend zum held wird, der Polizist, der entgegen der schnellgefassten Meinung seiner desinteressierten Kollegen an seine (richtige) Hypothese des Falls glaubt und auf eigene Fauust weitermacht.

Doch eigentlich ist alles nur ein Traum, denn: Am Anfang steht Maxx, der etwas traurige Held, und er hat nichts: Nur Träume, die kaum etwas wert sind, Träume vom guten Leben, vom Erfolg, von einer schönen Frau. Er klemmt sie hinter seine Sonnenblende und lässt sie da, und es wird klar, und später explizit: Er ist ein mutloser, der nichts tut, der sich nicht traut, nach dem Leben zu greifen, sich nicht traut, anzurufen. Am Ende hat er gehandelt: Er ist verwandelt, er hat die Frau angerufen.
Dazwischen: Mord und Totschlag, ein Killer der das Böse will und ihn zum Guten treibt. Warum bringt er ihn nicht einfach um? Max ist renitent, er stört, er versucht zu entkommen, schon am Anfang wird klar, dass Vincent mit Max ein Risiko eingeht. (sie werden wegen der zerborstenen Frontscheibe angehalten, Vincent bleibt trotzdem im taxi, obwohl ein Wagenwechsel angeraten wäre.)
Die Frage wird gestellt, aber nicht beantwortet. Das scheint mir die Bruchstelle zu sein, durch die die eigentliche geschichte durchschimmern SOLL. Notdürftig wird auf der Krimihandlungsbene motiviert, warum Vincent an Max festhält, doch überzeugend eigentlich nicht. Und das soll es wohl auch nicht. Hier geht es um Bedeutung. Vincent will aus einem anderem Grund bei Max bleiben, einem Grund, der nichts mit seinem Killer-Auftrag zu tun hat.
Klar wird es in dem Moment, in dem Mann die konventionelle Dramaturgie aufgibt, und den rettenden Drogenfahnder, dessen Rolle er bis dahin lehrbuchmäßig aufgebaut hat, nicht zum Ende kommen lässt, sondern ihn aus der Geschichte stößt.

Max soll nicht den einfachen Weg gehen, nein, es ist eine Education brutale. Vincent will ihn bis zum äußersten treiben, und das äußerste - das sind die Schüsse in der U-Bahn. Danach hat Vincent ausgedient. Er bleibt zurück. Ein namenloser, alter Mann in der U-Bahn, der niemanden etwas bedeutet. Er war ein Geist, und seine Bestimmung war es, Vincent wachzuküssen. Mit einem Todeskuss.

Es ist ein Traum, geträumt am Steuer eines Taxis, in einer U-Bahn, in dem ein grauer Geist Max vom passiven zum aktiven Menschen werden lässt. Zum Mann, der sich eine Frau nehmen kann. Der für sich und andere Verantwortung übernimmt. Letztlich auch eine Doppelgängergeschichte, gipfelnd in dem letzten Schusswechsel, der eigentlich ein Spiegelmotiv ist.

Ein schöner Film. Mit einer wunderbaren Anfangssequenz.
Und sehr amerikanisch: Mit dem Schuss zum Manne werden. Gab's allerdings auch schon bei Storm, und die dann vielleicht etwas einfache Symbolik sei beiden verziehen.
 

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