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Noch ein Nachtrag zu dieser fiesen Lese-Show. Ich wollte das natürlich erst mit Stumpf und Stil verdammen, weil ich noch eine Seele in der Brust habe (Moment, doch, ja, ist noch da). Am Ende machen die sich auch noch über Filme her. Dachte dann aber – halt! Ist es nicht des Filmfans liebstes Spiel, Filmbestenlisten anzulegen? Mit viel Liebe, Gewissensfragen und Aufwand? Die besten des Jahres, des Jahrzehnts, ja auch aller Zeiten? Aber das ist doch gut, wieso ist dann das andere schlecht, wo es sich doch so ähnlich ist? Erst recht die jährliche Auszählung der geachteten epd? Da muss, ja MUSS es doch einen mehr als graduellen Unterschied geben! Und ja, natürlich.
Denn eine ordentliche Bestenliste erfasst ja die (meist) zehn Besten - es gilt also abzuwägen, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, Ästhetik und Rabatz in ein Gleichgewicht zu bringen. Es muss ein Ergebnis sein, dass mehr ist als nur eine Liste, denn sie ist ja ein Abbild des Filmgeschmacks ihres Schöpfers, ein Geständnis, das sich gleichzeitig stets selbst widerruft. Sie trägt einen gültigen Anspruch vor sich her, und steht doch nur für den Moment.
Und, ZDF, um wie viel schwieriger ist es, unter so vielen zehn zu erwählen und sie in eine gerechte Reihenfolge zu bringen, was für ein intellektuelles und geschmackliches Vergnügen kann es auch sein, im Gegensatz zum dumpfen Herausprusten des einen „besten“ Buches? Das gerade auf dem Nachttisch lag? An das man sich noch als „gutes Buch“ aus dem Unterricht erinnert? Nicht umsonst besinnt sich der Listenschöpfer zuerst auf Mikrozeiträume, um sich dann auf höhere Ebenen (Jahrzehnte, immer) vorzuarbeiten – anders könnte er, der ja Kenner ist, dieses „immer“, „aller Zeiten“, mit dem Du, ZDF, so leichtfertig umgehst, gar nicht erfassen, sich ihm annähern, verzweifeln würde er an der Frage, sich für Monate in seinen Sichtungsraum zurückziehen, um zu prüfen, und noch mal zu vergleichen.
Das ist mit dem Versuch, über Kunst abzustimmen kaum zu vergleichen: Denn Dein System, ZDF, beruht ja nicht auf der mühselige Einstufung von Kunstwerken nach Kriterien, nein, die Bücher sind ja alle „beste Bücher“, die nur von unterschiedlich vielen Leuten gewählt wurden. Das kann keine Bestenliste ergeben, weil ja nicht ein zweitbestes Buch auf der Liste steht, kein Abwägen, keine vergleichende Konkurrenz (wie ja auch in jeder Sporttabelle) stattgefunden hat. Selbst der Grand Prix (oder wie er jetzt heißt) ist da seriöser.
Oder demokratische Wahlen. Die sind leider vom Grad der Auseinandersetzung mit dem Gegenstand und von der Qualität des Ergebnisses nah dran.
Svenson meinte am 5. Okt, 00:10:
Lass Vollidioten entscheiden
Lass Vollidioten entscheiden und du bekommst die Entscheidung von Vollidioten. Ein anderer Modus hälfe hier vielleicht ab. Nur zur Hälfte Direktkandidaten, zur anderen (Besten-)Listen, Spiegel, SWR. Oder vorausgewählt von den Buchhändler- äh Kritiker- äh Leserverbänden. Leserverbände? Alberne Vorstellung. Der Leser, dieser Maulwurf, trifft sich mit anderen Artgenossen, um affige Tagesordnungen abzuhandeln, während er sich unter der Bettdecke mit der Taschenlampe die Augen verderben könnte. Auf jeden Fall ein Dreiklassenwahlrecht. Oder? Nein, bei rechtem Nachdenken glaube ich doch nicht, dass auf diese Weise meine Liste das Ergebnis sein wird. Was soll der Aufwand also. Warum aber die Bibel? Angst? Hoffnung? Wird die so weggeschmökert? Oder fällt die auch in die reichlich vertretene Kategorie Erbauungskitsch? Natürlich irrtümlich. Oder wird sie weiterempfohlen? Ach zum Glück lässt sich mit Filmen nicht in Bildung machen. Und wie ginge das ZDF mit "Die Feuerzangenbowle" um, der sicher gute Chancen hätte, unter die "Top 100" zu kommen? Zu den besten Deutschen durften nämlich keine Nazis gehören.
Wie hatte mir seinerzeit der Titel einer Folge einer beliebten RTL2-Reihe (Die dümmsten Autofahrer, Bankräuber ..) gefallen, der zeigte, dass die Reihe bei sich selbst angekommen war: Die dümmsten Idioten aller Zeiten. 
bähr antwortete am 5. Okt, 01:39:
Sehr viele Menschen versammeln sich, um eine Anzahl ausgewählter Bücher, die sie gelesen haben oder auch nicht, sowie deren Autoren laut auszurufen, in die Mitte zu schmeißen und zur Schau zu stellen. Nur dass sie sie nicht anzünden - aber nennt man das Fernsehen nicht auch "das moderne Lagerfeuer"? 
 

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