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Kleiner Zufall. Auf der Leinwand - "The Village" - ist ein kleiner Koffer/Kasten zu sehen. Fast quadratisch in der Grundfläche und recht hoch. Mit Lederriemen. Herr Hose flüstert: "Wie in ‚Kiss Me, Deadly'". Ich flüstere zurück: "Habe ich gestern gesehen". Dazu muss man (vielleicht auch nicht) wissen, dass uns eine kurzlebige gemeinsame Mitgliedschaft in einem ebenso kurzlebigen Filmclub eint, von dessen wenigen Diskussionsgegenständen "Rattennest" also "Kiss Me, Deadly" einer war. (Neben u.a. "Die 120 Tage von Sodom" und "Total Recall"). Die anderen fanden den Film einst mittelmäßig bis schlecht, mir gefiel er außerordentlich. Das hat sich nun ganz und gar nicht geändert. Im Gegenteil. Der Film hat sich bis heute eine rüde Direktheit bewahrt, die ihresgleichen sucht. Und das liegt vor allem an seinem Erzählmodus weniger an seinem Inhalt, der sicher mal noch erheblich brisanter erschien als heute.
Es fängt mit einer verängstigten Frau an, was schon mal grundsätzlich ein klasse Filmstart ist. Diese Frau befindet sich auf einer nächtlichen Landstraße, bekleidet mit (nix als?) einem kurzen Mantel, und versucht, ein Auto anzuhalten, aber kein Fahrer reagiert. Also stellt sie sich mitten auf die Straße, ein offener Sportwagen (Kenner wollen jetzt die Marke, Baujahr etc., aber ich kenn mich halt nicht aus) bremst hart und kommt seitlich von der Straße ab. In diesem Auto sitzt Mike Hammer, der keinen Hehl daraus macht, dass er nur für einen Daumen nicht angehalten hätte, der die Frau aber gleichwohl mitnimmt. Nun rollen die Titel von oben nach unten über die Autofahrt, also verkehrt herum. Das irritiert. Noch mehr irritiert, dass dieser Vorspann neben Fahrgeräuschen lediglich mit dem Schluchzen der Frau unterlegt ist, das irgendwann fast wie ein irres Lachen klingt. Dann Gespräch der beiden, die Handlung wird vorbereitet, er hilft ihr bei einer Straßensperre widerwillig. Er soll sie an einer Bushaltestelle absetzen, von da käme sie alleine weiter. Für den Fall allerdings, dass sie es nicht bis zur Haltestelle schaffen sollten, sagt sie ihm:"Remember Me!" Wieso sollten sie es nicht schaffen, fragt er, sie seien doch gleich da, als der Wahnsinn auch schon los geht. Nun besteht die Gefahr, den ganzen Film nachzuerzählen. Die ist aber hiermit gebannt. "Kiss Me, Deadly", der seinen von dem eigentlich fast milchbubihaft weich aussehenden Ralph Meeker gespielten Helden Mike Hammer diverse Küsse mit bemerkenswerter Gleichgültigkeit hinter sich bringen lässt, zeigt eine fürchterliche Welt. Töten und sein Gegenstück Sterben lassen hier jede Eleganz vermissen. Sie sind auch mehr als funktionale Erzählelemente. Sterben tut weh, sieht eklig aus, dauert lange. Mehr als einmal musste ich an "Torn Curtain" denken. Es gibt keine geschliffenen Wortgefechte zwischen Detektiv und Bösewicht. Die Gemeinheit ist direkt und überall, auch ein bisschen in Mike Hammer. (Man bedenke: Wäre er ein noch unsympathischerer und vor allem gleichgültigerer Typ gewesen, als er so schon ist, hätte er also die Frau gar nicht mitgenommen, er hätte weiterhin ohne große Reibung in diese verkommene Welt gepasst). Alle schnauzen sich, wo es geht, gegenseitig an und die gutmütigen oder gut gelaunten Figuren überleben selten. Das furiose Finale - inhaltlich etwas gealtert, von der Darstellung her allerdings gewaltig - hat mindestens Tarantino und Lynch inspiriert (der Koffer aus dem es strahlt/Pulp Fiction und die brennende Hütte/Lost Highway).
Und gibt es eine psychologische Erklärung dafür, dass es mich so berührt hat, erst einen Mann eine lange Treppe von der Kamera weg hinunter laufen und im Gegenschuss eine Frau die gleiche Treppe herunter kommen zu sehen?
 

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