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"Fuck me, Santa! Fuck me, Santa! Fuck me, Santa! Fuck me, Santa! Fuck me, Santa! Fuck me, Santa! Fuck me, Santa! Fuck me, Santa! Fuck me, Santa! Fuck me, Santa!" hört man die freundliche Bardame schreien, während sie vom Weihnachtsmann gefickt wird, besser: während sie den Weihnachtsmann fickt. Im Auto. Auf dem Vordersitz. Sie reitet ihn. Und er darf die Mütze nicht abnehmen. Bei der Zigarette danach erklärt sie ihm, dass sie ungeheuer auf den Weihnachtsmann steht, vielleicht, weil er ihr als Kind immer vorenthalten wurde. "It's like some deep-seated childhood thing." Und der Weihnachtsmann antwortet: "So is my thing for tits". Moralisch oder sozial allgemein nicht akzeptiertes Verhalten fällt - vom Weihnachtsmann ausgeübt - besonders auf. Wenn in "Die Glücksritter/Trading Places" Dan Aykroyd im Weihnachtsmannkostüm bei einem üppigen Büffet schnorren geht und schließlich völlig betrunken zusammen mit einer Lachshälfte seinen Bart verspeist oder der zusammengeschlagene Tim Robbins in "Jacob's Ladder" vom Weihnachtsmann ausgeraubt wird, dann sind das seltsame, verstörende Bilder. Der Inbegriff des Guten, Gutmütigen tritt unsere Werte mit Füßen. Wenn das Kostüm Maske ist und wir den Träger nicht kennen, ist es nur unheimlich. Wenn der Kostüm- auch Sympathieträger ist, wird's komplexer. Dann reicht unsere Gefühlspalette von Befremden über Belustigung bis Mitleid. Und diese Palette reizt Terry Zwigoff unterstützt von einem famosen Billy Bob Thornton in "Bad Santa" aus. Wir erleben den heruntergekommensten Weihnachtsmann, den zumindest ich bisher im Film gesehen habe. Die Schimpfwortfrequenz ist unglaublich, jeder Satz allein enthält ein Wort, das in den USA ganze Filme für Kinder und Jugendliche vermeintlich untauglich macht. Darin steckt ein nicht unbeträchtlicher Witz, schließlich hört man nicht oft einen Weihnachtsmann zu einem strahlenden Kind sagen: "What the fuck do you want?" Dieser (Kaufhaus-)Weihnachtsmann hat mit der Welt, der Warenwelt, der Welt der Familien, der Welt der Liebe und damit auch - nicht zuletzt - der Welt der Lüge abgeschlossen. Für ihn gibt's nur noch sich, Alkohol und Sex. Mit Alkohol und Sex lässt sich vielleicht noch leben, seine eigene Gesellschaft ist allerdings eine Qual. Wie schon in "Ghost World" und natürlich in dem großartigen Dokumentarfilm "Crumb" nährt sich Terry Zwigoff einer Außenseiterfigur an. Dabei bleibt er vollkommen auf ihrer Seite, vermeidet jede Wertung - positiv wie negativ - sondern schaut einfach nur aus ihren Augen auf die Welt. Und die ist grässlich genug. Im Mainstream muss immer das Hindernis beseitigt werden, das den Außenseiter von der Teilnahme an der Gesellschaft abhält. Dabei wird meistens ein windelweicher Kompromiss propagiert. Die Gesellschaft muss erkennen, dass der Außenseiter doch ein netter Kerl ist, der vor allem Fähigkeiten hat, die ihn zu einem potentiell vollwertigen Mitglied machen und der Außenseiter muss seine Schüchternheit/Verschrobenheit/Brille ablegen, um dabei sein zu dürfen. Je nach Machart hübsch anzusehen und eine schillernde Seifenblase, bestenfalls rührend, aber so gut wie immer verlogen. Nicht so bei Zwigoff. Hier wird an der Hölle, die die Gesellschaft, insbesondere in ihrem untauglichen Bestreben, "korrekt" zu sein, häufig darstellt nix beschönigt. Wer unflätig redet - Ordnung muss sein - darf den Kindern nicht zu nahe kommen. Wer nicht wegerklärt werden kann, ist ein Ärgernis. "Bad Santa" bietet nun ein ganzes Arsenal an Figuren auf, die in Übereinstimmung von Aussehen und Wesen aus der Normalität fallen. Ein ständig betrunkener tätowierter Weinachtsmann, ein dickes glänzendes Kind, besessen vom Weihnachtsmann-Kosmos (als das Kind Santa den falschen Bart runterzieht und Santa als Erklärung anbietet, er habe aufgrund einer Krankheit Haarausfall - "I loved a woman that wasn't clean" fragt das Kind: " Mrs. Santa?"), eine sexuell auf Weihnachtsmänner fixierte Barfrau, ein schwarzer Zwerg und seine asiatische egoistisch-blutrünstige Gefährtin. Daraus zimmert auch zwanghafte Political Correctness keine funktionierende Gesellschaft. Nein, nivellierende Integration kann nicht die Lösung sein, wenn sie nur ein Ziel hat: Das Individuum aufzufressen und mehr oder weniger gut verdaut auszuscheiden.
Vor allem aber ist der Film unfassbar komisch. Ich habe gelegentlich Tränen gelacht.
Auf DVD RC1 (z.B. bei eBay), ab November im Kino (eine Synchronisation scheint mir ein fast aussichtslose Unterfangen)
Desideria meinte am 21. Jul, 03:48:
Klingt nach...
einem "MUST"... 
Svenson antwortete am 21. Jul, 11:11:
Shit...
Yes 
fr. hase meinte am 9. Aug, 01:08:
'alten resten eine chance'
falls du büchern auch eine chance geben magst denk ich dir könnt folgendes schwarzhumorvolle fröhliche stunden bescheren:
david sedaris "holidays on ice:stories" 
Svenson antwortete am 9. Aug, 16:59:
Nackt
Die nackte Wahrheit ist es, dass nicht ich den Büchern eine Chance geben muss (das geht schon klar), sondern die Bücher mir, sie in ihrer verschwenderischen Fülle auch nur ansatzweise wahrzunehmen. Ich werd's (bei der nächsten Gelegenheit) versuchen. Die erfreuliche Lektüre von "Nackt" gepaart mit dem Tipp lässt Genuss ahnen. 
fr. hase antwortete am 13. Aug, 22:42:
na wenn du das schon kennst, kann ja gar nix mit der blindempfehlung schiefgehen *pu!*
sag mir wenn erfolgt obs wirklich gefiel :) 
 

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