Gegendarstellung
die Zeit macht es, die SZ macht es, der Stern macht es. DVDs werden vertickert, und im redaktionellen Teil werden die von der "Filmredaktion" ausgewählten Filme dann nochmal für alle zum mitlesen erklärt.
Im redaktionellen Teil? Sollte da nicht eigentlich "Anzeige" drüber stehen?
Oder wie fänden wir es, wenn diese Blätter neben den aktuellen Filmrezensionen auch Kinotickets zu den Filmen, die gut weggekommen sind, verkaufen würden?
In "Kilb's Box Office"?
Im redaktionellen Teil? Sollte da nicht eigentlich "Anzeige" drüber stehen?
Oder wie fänden wir es, wenn diese Blätter neben den aktuellen Filmrezensionen auch Kinotickets zu den Filmen, die gut weggekommen sind, verkaufen würden?
In "Kilb's Box Office"?
bähr - am Dienstag, 22. März 2005, 11:23 - Rubrik: Gegendarstellung
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Es ist schon schwer mit dem Medienjournalismus. Man denkt: "Das mach ich, da muss ich ja nur Fernsehen", ein feuchter Journalistentraum im Zeitalter der Googlerecherche. So dachte auch Anna von Münchhausen.
Und dann sowas. Leider musste v. Münchhausen Blumenberg und Süskind, die Macher von "Kanzleramt" interviewen (Niggemeier wohl krank), und in den bisherigen Berichten hat sie gelesen, dass man da natürlich nach "West Wing" fragen muss. Irgendsone US-Serie, kann ja nix sein, mal schnell im Netz geguckt, ach, so lange Folgenzusammenfassungen, egal, ich muss los.
Oder wie darf man sich diese Einstiegsfrage erklären: "Sollen wir etwas erwarten wie "West Wing", die amerikanische Serie über das Weiße Haus? Da geht es ja vor allem um Liebesaffären und drohende Meteroiteneinschläge."
Mannometer, FAS, ab in die Ecke und schämen.
Und dann sowas. Leider musste v. Münchhausen Blumenberg und Süskind, die Macher von "Kanzleramt" interviewen (Niggemeier wohl krank), und in den bisherigen Berichten hat sie gelesen, dass man da natürlich nach "West Wing" fragen muss. Irgendsone US-Serie, kann ja nix sein, mal schnell im Netz geguckt, ach, so lange Folgenzusammenfassungen, egal, ich muss los.
Oder wie darf man sich diese Einstiegsfrage erklären: "Sollen wir etwas erwarten wie "West Wing", die amerikanische Serie über das Weiße Haus? Da geht es ja vor allem um Liebesaffären und drohende Meteroiteneinschläge."
Mannometer, FAS, ab in die Ecke und schämen.
bähr - am Sonntag, 13. März 2005, 20:37 - Rubrik: Gegendarstellung
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„Okay, die Tiffanys spielen noch eine Runde, und dann kommt ihr.“
Norbert fiel ihm erbost ins Wort. „Wir heißen nicht die Tiffanys. Einfach nur Tiffanys.“
Der Veranstalter guckte verständnislos, wusste aber, dass er es sich heute Abend nicht mit uns verscherzen durfte. „Ja klar, Tiffanys.“ (S. 145)
Diese Situation, das Bestehen auf dem korrekten Bandnamen, findet sich in Heinz Strunks Musiker-Autobiografie „Fleisch ist mein Gemüse“ mindestens ein Dutzend Mal. Der Artikel macht den Unterschied. Das ist mehr als ein Running Gag, das ist auch das Bestehen auf Würde.
Die spricht aber die Rezension in der taz vom 05.01. dem Text und seinem Protagonisten praktisch völlig ab. Und das in erster Linie sprachlich, denn während inhaltlich Zustimmung und Sympathie geheuchelt wird, hagelt es Sätze wie „Wenn man dann auch noch so scheiße aussieht wie Heinz in seinen Zwanzigern, und mit seiner blühenden Akne sogar ein Fall für den Arzt ist, bereitet man sich darauf vor, vom Leben nicht mehr allzu viel zu erwarten“ oder „Heinz dagegen ist ein Komplettausfall, ein Superlooser, der wirklich gar keinen Stich macht.“ Was soll das sein? Ist das Beschreibung? Ist das Analyse? Ist das der Versuch, eine einfühlende Lektüre nachzuzeichnen? Oder soll das einfach nur lässig sein? Hat der Autor der Rezension am eigenen Leibe erfahren, wovon der Text spricht? Dass er sich erlauben könnte, jeden Versuch der Reflexion zu unterlassen? Was er im Übrigen dann natürlich auch nicht dürfte.
Zudem fällt es schwer zu glauben, der Rezensent habe das Buch mehr als quer gelesen. Gerade die Fähigkeiten der Bandmitglieder sind Gegenstand ausführlicher Erörterungen und werden immer in Relation gesetzt zu der Sorte Erfolg, die Auftritte als Tanzkapelle mit sich bringen. Dass seine eigenen Ambitionen damit nicht befriedigt sind und die eigene Überqualifikation als schmerzhaft empfunden wird, daran lässt Strunk in dem Buch keinen Zweifel. Aber lustiger klingt es so: „Der Mucker, muss man dazu wissen, ist eine Art Subspezies des Musikers. Seine Eigenart besteht darin, dass er auf seinem Instrument zwar alles kann, aber dennoch nicht musikalisch ist. Mucker spielen problemlos vom Blatt, aber eben ohne Herz und Seele.“
Ich glaube, es geht hier in erster Linie darum, darzustellen, wie geil man über den „Superlooser“ (!) in einem krachlustigen Buch ablachen kann, nich dagegen um eine irgenwie geartete Einsicht. Eine auch nur minimal sorgfältige Lektüre hätte neben all den sachlichen Fehlern folgendes nämlich nicht gestattet: „...er spielt Saxofon in einer von einem Typen mit dem Namen Gurki gegründeten Tanz- und Showband, den Tiffanys...“, „...und als die Mauer fällt, haben die Tiffanys auch gehörig Angst, dass sie von den ostdeutschen Muckern aus den Festzelten und Mehrzweckhallen verdrängt werden...“, „...das pampige Souvlaki, das sich die Tiffanys beim Dorfgriechen andauernd reinziehen,...“
Siehe oben!
Norbert fiel ihm erbost ins Wort. „Wir heißen nicht die Tiffanys. Einfach nur Tiffanys.“
Der Veranstalter guckte verständnislos, wusste aber, dass er es sich heute Abend nicht mit uns verscherzen durfte. „Ja klar, Tiffanys.“ (S. 145)
Diese Situation, das Bestehen auf dem korrekten Bandnamen, findet sich in Heinz Strunks Musiker-Autobiografie „Fleisch ist mein Gemüse“ mindestens ein Dutzend Mal. Der Artikel macht den Unterschied. Das ist mehr als ein Running Gag, das ist auch das Bestehen auf Würde.
Die spricht aber die Rezension in der taz vom 05.01. dem Text und seinem Protagonisten praktisch völlig ab. Und das in erster Linie sprachlich, denn während inhaltlich Zustimmung und Sympathie geheuchelt wird, hagelt es Sätze wie „Wenn man dann auch noch so scheiße aussieht wie Heinz in seinen Zwanzigern, und mit seiner blühenden Akne sogar ein Fall für den Arzt ist, bereitet man sich darauf vor, vom Leben nicht mehr allzu viel zu erwarten“ oder „Heinz dagegen ist ein Komplettausfall, ein Superlooser, der wirklich gar keinen Stich macht.“ Was soll das sein? Ist das Beschreibung? Ist das Analyse? Ist das der Versuch, eine einfühlende Lektüre nachzuzeichnen? Oder soll das einfach nur lässig sein? Hat der Autor der Rezension am eigenen Leibe erfahren, wovon der Text spricht? Dass er sich erlauben könnte, jeden Versuch der Reflexion zu unterlassen? Was er im Übrigen dann natürlich auch nicht dürfte.
Zudem fällt es schwer zu glauben, der Rezensent habe das Buch mehr als quer gelesen. Gerade die Fähigkeiten der Bandmitglieder sind Gegenstand ausführlicher Erörterungen und werden immer in Relation gesetzt zu der Sorte Erfolg, die Auftritte als Tanzkapelle mit sich bringen. Dass seine eigenen Ambitionen damit nicht befriedigt sind und die eigene Überqualifikation als schmerzhaft empfunden wird, daran lässt Strunk in dem Buch keinen Zweifel. Aber lustiger klingt es so: „Der Mucker, muss man dazu wissen, ist eine Art Subspezies des Musikers. Seine Eigenart besteht darin, dass er auf seinem Instrument zwar alles kann, aber dennoch nicht musikalisch ist. Mucker spielen problemlos vom Blatt, aber eben ohne Herz und Seele.“
Ich glaube, es geht hier in erster Linie darum, darzustellen, wie geil man über den „Superlooser“ (!) in einem krachlustigen Buch ablachen kann, nich dagegen um eine irgenwie geartete Einsicht. Eine auch nur minimal sorgfältige Lektüre hätte neben all den sachlichen Fehlern folgendes nämlich nicht gestattet: „...er spielt Saxofon in einer von einem Typen mit dem Namen Gurki gegründeten Tanz- und Showband, den Tiffanys...“, „...und als die Mauer fällt, haben die Tiffanys auch gehörig Angst, dass sie von den ostdeutschen Muckern aus den Festzelten und Mehrzweckhallen verdrängt werden...“, „...das pampige Souvlaki, das sich die Tiffanys beim Dorfgriechen andauernd reinziehen,...“
Siehe oben!
Svenson - am Donnerstag, 6. Januar 2005, 18:29 - Rubrik: Gegendarstellung
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Mein Teekesselchen heißt Hollywood. Ganz klar: Hollywood als Schlagwort im deutschen Mediendiskurs steht stets für das US-Kommerzkino - Kronzeuge für die notorische Verwendung sei diesmal Christoph Hochhäusler, Regisseur ("Milchwald") und Filmpublizist ("Revolver") Was er schreibt ist leider typisch (er ist ja auch auf Rabatz aus): "Das erste Modell nennt man gerne Hollywood. Gemeint ist die industrielle Produktion von Kinofilmen nach Maßgabe der Profitinteressen großer Konzerne. Der kommerzielle Erfolg und die Reichweite stehen im Mittelpunkt, unabhängig von Inhalten. Die Filme werden von einem Look, nicht von Sinn zusammengehalten." Nicht nur "man" nennt es Hollywood, auch er tut es im weiteren. So, das wäre klar, so darf der westeuropäische Linksintellektuelle über "Hollywood" denken, ohne angemeckert zu werden. Das kennt man.
Und dann gibt es da noch diesen völlig anderen Begiff von Hollywood, auch er ein negativer: In den USA ist "Hollywood" das Schimpwort der Konservativen für das liberale Bürgertum. Kronzeuge sei hier ein gewisser Robert Ritchie, der republikanische Herausforderer des amtierenden US-Präsidenten Jed Bartlet, in der Serie "West Wing" (on heavy rotation bei mir zur Zeit). Er wirft Bartlet im Zwiegespräch vor: "You cannot be trusted. You're liberal. You're Hollywood". Hollywood als Synonym für liberale Sittenlosigkeit, für Charakterlosigkeit, moralische Verlorenheit, Vergnügungssucht, und so weiter. Das adressiert natürlich zuerst den Lebensstil, den ein Farmer aus Oregon den Bewohnern Hollywoods unterstellt, aber durchaus auch die Wertewelten, die in vielen Filmen verbreitet werden (nicht in denen von Mel Gibson). Der echte Präsident G.W.Bush steht da nicht zurück: Auf dem Parteitag in Washington sagte er: „Wer sagt, dass in Hollywood Herz und Seele von Amerika gefunden werden können, der verkörpert nicht konservative Werte.“
Ich muss an das Ende von "Easy Rider" denken. Und daran, dass sich das Land von Leuten unterhalten lässt, die es nicht mag, weil es sie für unpatriotische Freidenker, insgesamt sittenlose Gesellen (wahrscheinlich jüdischer Herkunft) hält. Leute die es andererseits schaffen, die halbe Welt zu unterhalten, obwohl man sie in großen Teilen dieser Welt seit Jahrzenhten immer wieder als das Paradebeispiel für kommerzgeile Volksverdummer hinstellt. Denen also von beiden Seiten das diametral schlechteste vorgeworfen wird. Seltsames Doppelvorurteil, und darum hier einmal ein ausdrückliches "Hooray for Hollwood"!!!
Und dann gibt es da noch diesen völlig anderen Begiff von Hollywood, auch er ein negativer: In den USA ist "Hollywood" das Schimpwort der Konservativen für das liberale Bürgertum. Kronzeuge sei hier ein gewisser Robert Ritchie, der republikanische Herausforderer des amtierenden US-Präsidenten Jed Bartlet, in der Serie "West Wing" (on heavy rotation bei mir zur Zeit). Er wirft Bartlet im Zwiegespräch vor: "You cannot be trusted. You're liberal. You're Hollywood". Hollywood als Synonym für liberale Sittenlosigkeit, für Charakterlosigkeit, moralische Verlorenheit, Vergnügungssucht, und so weiter. Das adressiert natürlich zuerst den Lebensstil, den ein Farmer aus Oregon den Bewohnern Hollywoods unterstellt, aber durchaus auch die Wertewelten, die in vielen Filmen verbreitet werden (nicht in denen von Mel Gibson). Der echte Präsident G.W.Bush steht da nicht zurück: Auf dem Parteitag in Washington sagte er: „Wer sagt, dass in Hollywood Herz und Seele von Amerika gefunden werden können, der verkörpert nicht konservative Werte.“
Ich muss an das Ende von "Easy Rider" denken. Und daran, dass sich das Land von Leuten unterhalten lässt, die es nicht mag, weil es sie für unpatriotische Freidenker, insgesamt sittenlose Gesellen (wahrscheinlich jüdischer Herkunft) hält. Leute die es andererseits schaffen, die halbe Welt zu unterhalten, obwohl man sie in großen Teilen dieser Welt seit Jahrzenhten immer wieder als das Paradebeispiel für kommerzgeile Volksverdummer hinstellt. Denen also von beiden Seiten das diametral schlechteste vorgeworfen wird. Seltsames Doppelvorurteil, und darum hier einmal ein ausdrückliches "Hooray for Hollwood"!!!
bähr - am Freitag, 19. November 2004, 01:30 - Rubrik: Gegendarstellung
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Ich weiß nicht, wo es Frau Finger her hat, dass Ken Loach der "Master of Miserabilism" sei. Ich habe es noch nie gehört (und ich habe schon so einiges gehört) dachte aber, wenn das ein stehender Begriff ist, und sie gebraucht ihn ja als solchen, in dem sie in in zitierender Weise in Anführungszeichen verwendet, findet er sich sicher auch woanders in Bezug auf Loach. Zumal, wenn sie ihn sich ausgedacht hätte, hätte sie ihn ja auch nicht auf englisch verwendet. Eine Google-Recherche jedoch ergibt genau einen Treffer unter diesem Begriff: EIn Artikel aus der aktuellen ZEIT.
Frau Finger tut also so, als sie ihr Einfall stehende Rede, um ihr Argument zu stärken. Unterstelle ich hier mal. Aber vielleicht wird dieser Kosename ja auch nur flüsternd unter Filmjournalisten weitergegeben, niemals aber schriftlich fixiert.
Frau Finger tut also so, als sie ihr Einfall stehende Rede, um ihr Argument zu stärken. Unterstelle ich hier mal. Aber vielleicht wird dieser Kosename ja auch nur flüsternd unter Filmjournalisten weitergegeben, niemals aber schriftlich fixiert.
bähr - am Sonntag, 14. November 2004, 18:03 - Rubrik: Gegendarstellung
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Liebe ZEIT, es freut mich natürlich, im Feuilleton dieser Woche satte fünf Filmthemen zu finden. Aber: Der Text zu "Just a Kiss" von Ken Loach liegt doch in seiner Einschätzung bis zur Borniertheit ärgerlich daneben - nicht unbedingt des Films, wohl aber des Regisseurs selbst. Denn hier wird eine Komödie versprochen, die in ihrer relativen Unbeschwertheit gegen das komplette restliche Werk Loachs positioniert wird. "Die Romeo-und-Julia-Geschichte Just a Kiss ist heller ausgeleuchtet und geschmeidiger erzählt als Loachs bisherige Werke. Keine schimmligen Tapeten, keine halb vollen Flaschen Fusel, keine zermürbenden Selbstzweifel." Frau Finger haut ihr ein Klischee (alles so trist, öde und humorlos hier) raus, das aus der tiefsten Mottenkiste des Stänkerns über den "sozial engagierten" Film stammt, und mit seinem fast völligen Verschwinden auch perdu gewesen zu sein schien. Kein Grund, es nicht auf einen der letzten glorreichen Protagonisten dieses Genres wieder abzufeuern. Über Loachs bisherige Filme heißt es: "Tagelang konnten einem diese von Frust und uneingestandenen Sehnsüchten zerfurchten Gesichter in Erinnerung bleiben." Und nun also die erste Komödie! Die ist dann auch nicht mehr so kritisch, und die Zwangsläufigkeit dieser Entwicklung untermauert Frau Finger mit einem Rückgriff auf Schiller: "Wo in Loachs Arbeiten bisher die harsche moralische Kritik an den sozialen Verhältnissen dominierte, kommt nun etwas Versöhnliches ins Spiel – Schiller hat es als »moralische Indifferenz der Komödie« bezeichnet." Und als Beispiele für diesen gegensatz bringt sie frühe Dokumentarfilme aus den Achtzigern sowie den wahrlich deprimierenden "Sweet Sixteen" von 2002.
Um uns ihre These von dem filmer, der bisher nur düsteres Sozialkino gemacht hat und nun seinen ersten heiteren Film zeigt, zu verkaufen, erspart sie also dem Zeitleser die von einem grundlegenden Humor getragenen Loach-Filme wie "Riff Raff","Raining Stones" oder "The Navigartors". Der freundliche Humor dieser Filme war ja gerade dass, was sie und auch die unzeitgemäßen Themen Loachs so menschlich und auch konsumierbar machten. Nein, diese Analyse ist Quatsch, ärgerlich, denn entweder kennt sie Loachs Werk nicht oder sie manipuliert durch ihre Beispiele absichtlich den Leser.
Und auch "just a Kiss" etwas Versöhnliches anzuhängen, ist nur die halbe Wahrheit. Finger: "Dabei ersetzt der »Master of Miserabilism« das ethische Leitprinzip seiner früheren Filme nun durch das ästhetische Prinzip des Effekts. Das Ergebnis ist Sozialbeschwichtigung auf hohem Niveau." Denn obzwar die Geschichte des Liebespaares gut endet, hat der Film doch kein Happy-End. Der Grundkonflikt ist auf der persönlichen Ebene gelöst, auf der gesellschaftlichen bleibt er schmerzhaft offen. Für die zurückgelassene Familie gibt es kein Happy-End. Loach sagt der englischen Gesellschaft eine Integration ihrer Minderheiten nicht in Harmonie, sondern unter Schmerzen voraus. Und bereitet mit dem Bild der alles überwinden Liebe darauf vor, dass sie trotzdem unaufhaltsam vollzogen werden wird.
Um uns ihre These von dem filmer, der bisher nur düsteres Sozialkino gemacht hat und nun seinen ersten heiteren Film zeigt, zu verkaufen, erspart sie also dem Zeitleser die von einem grundlegenden Humor getragenen Loach-Filme wie "Riff Raff","Raining Stones" oder "The Navigartors". Der freundliche Humor dieser Filme war ja gerade dass, was sie und auch die unzeitgemäßen Themen Loachs so menschlich und auch konsumierbar machten. Nein, diese Analyse ist Quatsch, ärgerlich, denn entweder kennt sie Loachs Werk nicht oder sie manipuliert durch ihre Beispiele absichtlich den Leser.
Und auch "just a Kiss" etwas Versöhnliches anzuhängen, ist nur die halbe Wahrheit. Finger: "Dabei ersetzt der »Master of Miserabilism« das ethische Leitprinzip seiner früheren Filme nun durch das ästhetische Prinzip des Effekts. Das Ergebnis ist Sozialbeschwichtigung auf hohem Niveau." Denn obzwar die Geschichte des Liebespaares gut endet, hat der Film doch kein Happy-End. Der Grundkonflikt ist auf der persönlichen Ebene gelöst, auf der gesellschaftlichen bleibt er schmerzhaft offen. Für die zurückgelassene Familie gibt es kein Happy-End. Loach sagt der englischen Gesellschaft eine Integration ihrer Minderheiten nicht in Harmonie, sondern unter Schmerzen voraus. Und bereitet mit dem Bild der alles überwinden Liebe darauf vor, dass sie trotzdem unaufhaltsam vollzogen werden wird.
bähr - am Sonntag, 14. November 2004, 17:51 - Rubrik: Gegendarstellung
Der Christoph Amend findet in der ZEIT das Fernsehen doof. OK, prinzipiell ist das ein Punkt, gegen den man nicht viel sagen kann. Allerdings das in aller Breite in der ZEIT zu tun, ja, das verlangt wirklich Mut. „To beat a dead horse“, sagt man drüben. Natürlich war früher alles besser, er sagt selbst, das sei einfach gesagt, sagt es aber doch. Führt „EWG“, die Lieblingsshow meiner Großmutter als Beispiel für politische Unterhaltung an. Und, zu recht, natürlich die Dietlschen Serien („Monaco Franze“, „Kir Royal“), Troller, Menge. Und zählt noch mal auf, was in jüngster Zeit alles gut war, aber entweder beim Zuschauer floppte, etwa die „Sopranos“ (böser Zuschauer!), oder vom Sender abgesägt wurde. Alles was klappt, also gut ist und läuft, hält er als Beispiel hoch, was möglich wäre, so etwa Olli Dittrich. Der wurde beim ZDF mit „Olli, Tiere, Sensationen“ zu den Akten gelegt. (Böses ZDF). „Dittsche“, aber auch „Blind Date“ (böses ZDF?) werden aber wie das andere funktionierende und gute Fernsehen nicht anerkannt: „ 3sat, Phönix und Arte sind Entschuldigungsfernsehen. Dominik Graf macht Entschuldigungsfernsehen. Sogar Sex and the City oder Ally McBeal war immer Entschuldigungsfernsehen. Eine Ausrede dafür, dass wir nicht sehen müssen, wie eklatant sich das Fernsehen seinem Auftrag verweigert.“ Harald Schmidt natürlich auch. Und in fröhlicher Bescheidwisserei schreibt er hin: "Wo ist der Film, der, ja, auch Aids, Terror und sozialen Abstieg behandelt? Wo sind die Sendungen, die die Schönheit und die Wirrnis unserer Tage feiern?" Da kann man doch nur ausrufen: Schau mal hin! Schau sie dir an, Filme wie „Die Polizistin“, die „Polizeiruf“-Krimis, ach und noch so einiges. Ich verteidige hier unser Fernsehen, so weit isses gekommen. Ich finde natürlich auch, dass 97% zum Himmel stinken. Es ist schlimm, doch ganz so schlimm isses nicht. Natürlich lässt sich jedes gelungene Stück Fernsehen zur Entschuldigung der Sender für den anderen Dreck uminterpretieren. Nur – wohin führt das. Und kann man das mit dem besten aus den 60er, 70er und 80er Jahren nicht auch tun? Wenn heute mehr Menschen ihr eigenes Programm mit DVD und Internet machen, liegt das daran, dass es GEHT, nicht daran, dass das Fernsehen so miserabel ist. Heute gibt es die Kulturzeit, und auch an Scobel kann man rumnörgeln, aber als Teil der Dorfjugend der achtziger Jahre hätte ich mich über derartigen Input mehr als gefreut.
Im Gegenteil: Es gibt viel Mist, und ich sage, es muss viel Mist geben, je mehr, desto besser. Orson Welles hat mal gesagt, man könne in Europa keine guten Filme drehen, weil es keine guten Kranschwenker gäbe. Und meinte: Es gibt keine Industrie, es gibt keine Leute, die vom Kräneschwenken, und nur davon leben können, und sich daher in dieser Disziplin zum Meister entwickeln können. Und diese Meister des Details, nicht nur die Fassbinders braucht es. Damit es sie gibt, braucht es Industrie, es braucht jede Menge Filme, Shows, Serien, die runtergerissen werden, damit auch hie und da was gutes rauspurzelt, von Leuten, die sich ihr Geld mit anderen Jobs in der Industrie verdienen, die dann aber auch ihr eigenes, gutes machen könne. John Sayles, Steven Soderbergh und viele andere können ein Lied davon singen. Produzenten müssen sich Filme von Woody Allen leisten können. Der deutsche Film der Zwanziger wäre mit seinen künstlerischen Leistungen ohne die irre Menge von Trash und Banalem, die zeitgleich produziert und heute vergessen ist, nicht denkbar. Der Weg, nach den großen Autoren zu rufen, wie Amend es tut (er hat auch sehr genaue Vorstellungen: „Wo ist also die neue Serie, in der Oskar Roehler von den Krisen seiner Altersgenossen erzählt?“) ist nicht der Weg zu einer Fernsehlandschaft, wie er sie in den USA wittert. Die müssen da selbst durch. Und genug schaffen es auch. Und je mehr insgesamt produziert wird, desto mehr werden es sein. Und es werden sich dann auch, so Gott will, HBO-mäßige Vertriebskanäle finden, auf denen das geht. Na gut, das kann noch ein paar Jährchen dauern. Aber ich habe noch Hoffnung.
Im Gegenteil: Es gibt viel Mist, und ich sage, es muss viel Mist geben, je mehr, desto besser. Orson Welles hat mal gesagt, man könne in Europa keine guten Filme drehen, weil es keine guten Kranschwenker gäbe. Und meinte: Es gibt keine Industrie, es gibt keine Leute, die vom Kräneschwenken, und nur davon leben können, und sich daher in dieser Disziplin zum Meister entwickeln können. Und diese Meister des Details, nicht nur die Fassbinders braucht es. Damit es sie gibt, braucht es Industrie, es braucht jede Menge Filme, Shows, Serien, die runtergerissen werden, damit auch hie und da was gutes rauspurzelt, von Leuten, die sich ihr Geld mit anderen Jobs in der Industrie verdienen, die dann aber auch ihr eigenes, gutes machen könne. John Sayles, Steven Soderbergh und viele andere können ein Lied davon singen. Produzenten müssen sich Filme von Woody Allen leisten können. Der deutsche Film der Zwanziger wäre mit seinen künstlerischen Leistungen ohne die irre Menge von Trash und Banalem, die zeitgleich produziert und heute vergessen ist, nicht denkbar. Der Weg, nach den großen Autoren zu rufen, wie Amend es tut (er hat auch sehr genaue Vorstellungen: „Wo ist also die neue Serie, in der Oskar Roehler von den Krisen seiner Altersgenossen erzählt?“) ist nicht der Weg zu einer Fernsehlandschaft, wie er sie in den USA wittert. Die müssen da selbst durch. Und genug schaffen es auch. Und je mehr insgesamt produziert wird, desto mehr werden es sein. Und es werden sich dann auch, so Gott will, HBO-mäßige Vertriebskanäle finden, auf denen das geht. Na gut, das kann noch ein paar Jährchen dauern. Aber ich habe noch Hoffnung.
bähr - am Montag, 25. Oktober 2004, 00:53 - Rubrik: Gegendarstellung