Jim Hensons geniale und wirklich nicht naheliegende Idee, für eine Vorschul-Sendereihe eine Straße nicht nur mit allerlei Tieren, Kindern und Erwachsenen, sondern auch mit Monstern zu bevölkern. Die wichtigsten: Krümelmonster, Grobie, Oskar, Lulatsch. Und damit das Monster als solches zu unserem besten Freund und Vorbild gemacht zu haben. Wilde Kinder, die sie eigentlich sind, so ganz ohne Über-Ich. Und daneben nur ein paar sanfte, schlappe Erwachsene.
Er hat das Monster, wie wir es heute kennen, geprägt. Sie sind wild, bunt, pelzig und nett. Ohne ihn wären die wilden Kerle, die Monster AG, ich behaupte auch Star Wars so nicht denkbar. Danke, Jim.
bähr - am Sonntag, 12. Dezember 2004, 01:16 - Rubrik: Grosse Kulturleistungen
ThGroh meinte am 12. Dez, 17:24:
Ja, Henson ist zweifellos ein noch nicht genügend zu Ehren gekommener Visionär der populären Kultur. Wird wohl am Ruch des Kommerziellen und der "schnöden Unterhaltung" (noch dazu in der Regel für Kinder im Vorschulalter, und in dieser Sparte ist dem Cinephilen klassischer Provenienz ja allenfalls alles von östlich von Deutschland recht).Die Frage aber ist, ob Henson das Bild vom Monster wirklich so geprägt hat, oder ob er nicht nur einen Wesenszug des Monsters deutlich herausgearbeitet und so schlußendlich deutlich sichtbar gemacht hat. Wenn ich beispielsweise an Karloff als Frankensteins Kreatur denke, dann ist das ja auch das große, tapsige Kind (wenngleich unter dem Paradigma der Tragödie). Besonders deutlich wird das ja in der Szene mit dem kleinen Mädchen und den Blüten auf dem Wasser. Wie Karloff in dieser (im positiven Sinne des Wortes) berührenden Szene ganz über sein Staunen und Weltentdecken entzücktes Kind ist, das ist schon ganz ganz toll (oder die Szene mit dem Blinden aus Frankensteins Braut, dem Sequel).
Georg Seeßlen hat ja auch in der ersten Fassung seines Buches zum phantastischen Film (aus der Reihe der populären Genres) in den frühen 80ern das melancholische Monster "vulgär-psychoanalytisch" als, ich glaube, sich aus seinem Narzissmus heraus verstoßen fühlendes Kind charakterisiert. Ich weiß nun natürlich nicht, ob er damit der erste war (und ob er diese, wie alle "Psychoanalysmen", gewiss streitbare Lesart auch in der bald erscheinenden Neuauflage halten wird), aber als Indiz für eine gewisse Nähe des Monsters zum Kind (ob nun jubilatorisch oder melancholisch-verstoßen) kann das schon herhalten.
Auf jeden Fall aber: Interessanter Denkanstoß und nochmal für''s Protokoll: Henson, ja also großartig! (gern erinnere ich mich auch immer wieder an den magischen Zauber, den der (von Henson maßgeblich gestaltete) Film Labyrinth in den 80ern auf mich als kleiner Steppke ausübte).
bähr antwortete am 22. Dez, 23:10:
Darf man kommentare eigentlich noch 10 tage später beantworten - mal in den Richtlinien nachschlagen...ja! Prima.Kind trifft Kind. Die Henson-Monster prägen ja nicht nur das Monsterbild in der Popgeschichte - da sind sie sicher, finde ich auch, Teil des großen Flusses der menschlich-kindlichen Monster. Klar, Frankenstein gerade. King-Kong auch noch. Nebenbei: fast immer Männer-Kinder, die Nähe von Liebe und Zerstörung (und wenn es nur KEKSE sind!!!). Was mir noch einfiel: Die Henson-Monster prägen das Bild jedes Kindes (heute wohl nicht mehr) vom Monster, denn sie begegnen ihm als erste.
Und zeigen ein ganz positives, neidenswertes Bild vom Fremden, das in die Welt kommt und lernt (jetz bin ich drin - jetzt bin ich draußen). Die Welt der Zusammenhänge erlernt, aber ohne sich diesen Unterzuordnen, sie immer wieder verlachend und zersausend. Das ist schön: Ich verstehe es, aber es beherrscht mich nicht. Das möchte ich die Monster-Natur nennen.
lovecraft meinte am 13. Dez, 10:27:
Die Monster und die Deutschen
Was man soll alles von Monstern lernen konnte war schon erstaunlich: Fern und Nah, Hoch und Tief und Zählen bis 10.Die komplette Sesame Street wimmelte von merkwürdigen Gestalten.
Dummerweise haben wir in Deutschland das Konzept der Sesamstrasse ein wenig durch den Weichspüler gejagt. Herr von Bödefeld wurde gestrichen (weil nicht kindgerecht), Tiffy wurde zu einem plüschigen Gefiedervogel und Samson von einem tapsigen 5 Jährigen zu einem unterentwickelten 3 Jährigen. Und vom Qualitätsverfall der menschlichen Gastdarsteller (Früher Lilo Pulver und Manfred Krug - heute Dirk Bach) soll man gar nicht erst anfangen. Teilweise hat man sogar Graf Zahl gestrichen, da er zu gruselig für Kinder sei. ???
Ich will ja nicht unken, aber manchmal verstehe ich Sendepolitik einfach nicht. Kinder mögen Figuren die nicht völlig abgeschliffen sind. Aber was will man machen - mitunter wurde die Sesamstrasse auch um 7 Uhr morgens ausgestrahlt. Ich als Kind hätte da nicht fernsehen dürfen. Sonderbar.
Was aber auch ein schöner Kinderfilm ist: Die Abenteuer von Elmo im Grummelland
Es gibt Gute, Böse und Grummelige
Zitat:
Du kannst doch nicht ganz alleine dahin gehen.
Elmo: Ich habe schon ganz andere Dinge geschafft. Ich kann schon alleine meine Schuhe zubinden... ;-)
bähr antwortete am 13. Dez, 11:57:
Sorry, aber Tiffy, Samson und Konsorten: Das war doch schon der Sündenfall. Ich bin noch mit dem synchronisierten US-Original aufgewachsen: Herr Huber, Bob, kleine farbige Jungs und Mädchen, Bibo, Oskar. Dass das durch den deutschen Quatsch ersetzt wurde habe ich nie verstanden. Erst recht nicht dessen abermalige Entschärfung. Erst recht nicht das komplette Streichen der Sesamstraße aus der 18.00-Schiene des NDR (und auch fast aller anderen Dritten) wg. "audience flow". Kommt jetzt nur noch auf Kika - morgens um acht! Was bedeutet: Die Kids heute wachsen ohne die Freunde unserer Kindheit auf, dafür mit Yugi-oh.
lovecraft antwortete am 13. Dez, 15:47:
Sündenfall - Eher nicht
Sündenfall? Kleine Übertreibung. Hier ging das pedagogische und unterhaltsame Konzept ja nicht durch die deutschen Protagonisten verloren. Der Hauptteil der Sendung waren ja die eingespielten Originalsequenzen mit Monstern und Kindern aus den USA. Der blieb ja gleich. Mit Lilo Pulver, Samson und Konsorten ging man einfach näher an das deutsche Umfeld heran. Fast jedes Land mit einer eigenen Sesame Street hat auch eigene Monster die ein wenig mehr dem angesprochenen Kulturkreis entsprechen.
Hier auf "Nur das Original war toll" zu machen ist ein bisschen daneben.
Das Problem war immer nur die vollkommen Entschärfung auf ein Niveau, dass jeden 3 Jährigen für Dumm verkauft.
Da ist sogar Yu-gi-oh ehrlicher. Da ist klar: Es geht ums Geld!
bähr antwortete am 13. Dez, 20:26:
Hm, das mag daneben sein, ist aber mein ehrliches Empfinden als Kind gewesen, als das umgestellt wurde. Ich fand's damals einfach doof, und konservatives Gedankengut wie "Nur das Original war toll" lag mir damals fern. Man hatte mir meine TV-Lieblinge genommen.
lovecraft antwortete am 14. Dez, 10:25:
Einsicht
So gesehen ist das sicherlich zu verstehen. Das ist wie Teddy- und Lutscher gleichzeitig klauen. ;-)Was wir beide wohl meinen sind unterschiedliche Dinge mit dem gleichen Resultat: Das Programm wird schlechter.
mabo meinte am 19. Dez, 18:44:
henson ohne oz ?
bei der ganzen diskussion fehlt mir ein wichtiges detail : natürlich wäre star wars was anderes geworden ( und im damaligen dritten wären auch nicht so viele dumme teddies herumgelaufen..) - nicht nur ohne henson,ganz besonders aber ohne frank oz.hat er nicht kermit gesprochen ?
auf jeden fall hat er yoda gespielt !
deshalb : wer henson sagt muß auch oz sagen !!!