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Der Christoph Amend findet in der ZEIT das Fernsehen doof. OK, prinzipiell ist das ein Punkt, gegen den man nicht viel sagen kann. Allerdings das in aller Breite in der ZEIT zu tun, ja, das verlangt wirklich Mut. „To beat a dead horse“, sagt man drüben. Natürlich war früher alles besser, er sagt selbst, das sei einfach gesagt, sagt es aber doch. Führt „EWG“, die Lieblingsshow meiner Großmutter als Beispiel für politische Unterhaltung an. Und, zu recht, natürlich die Dietlschen Serien („Monaco Franze“, „Kir Royal“), Troller, Menge. Und zählt noch mal auf, was in jüngster Zeit alles gut war, aber entweder beim Zuschauer floppte, etwa die „Sopranos“ (böser Zuschauer!), oder vom Sender abgesägt wurde. Alles was klappt, also gut ist und läuft, hält er als Beispiel hoch, was möglich wäre, so etwa Olli Dittrich. Der wurde beim ZDF mit „Olli, Tiere, Sensationen“ zu den Akten gelegt. (Böses ZDF). „Dittsche“, aber auch „Blind Date“ (böses ZDF?) werden aber wie das andere funktionierende und gute Fernsehen nicht anerkannt: „ 3sat, Phönix und Arte sind Entschuldigungsfernsehen. Dominik Graf macht Entschuldigungsfernsehen. Sogar Sex and the City oder Ally McBeal war immer Entschuldigungsfernsehen. Eine Ausrede dafür, dass wir nicht sehen müssen, wie eklatant sich das Fernsehen seinem Auftrag verweigert.“ Harald Schmidt natürlich auch. Und in fröhlicher Bescheidwisserei schreibt er hin: "Wo ist der Film, der, ja, auch Aids, Terror und sozialen Abstieg behandelt? Wo sind die Sendungen, die die Schönheit und die Wirrnis unserer Tage feiern?" Da kann man doch nur ausrufen: Schau mal hin! Schau sie dir an, Filme wie „Die Polizistin“, die „Polizeiruf“-Krimis, ach und noch so einiges. Ich verteidige hier unser Fernsehen, so weit isses gekommen. Ich finde natürlich auch, dass 97% zum Himmel stinken. Es ist schlimm, doch ganz so schlimm isses nicht. Natürlich lässt sich jedes gelungene Stück Fernsehen zur Entschuldigung der Sender für den anderen Dreck uminterpretieren. Nur – wohin führt das. Und kann man das mit dem besten aus den 60er, 70er und 80er Jahren nicht auch tun? Wenn heute mehr Menschen ihr eigenes Programm mit DVD und Internet machen, liegt das daran, dass es GEHT, nicht daran, dass das Fernsehen so miserabel ist. Heute gibt es die Kulturzeit, und auch an Scobel kann man rumnörgeln, aber als Teil der Dorfjugend der achtziger Jahre hätte ich mich über derartigen Input mehr als gefreut.
Im Gegenteil: Es gibt viel Mist, und ich sage, es muss viel Mist geben, je mehr, desto besser. Orson Welles hat mal gesagt, man könne in Europa keine guten Filme drehen, weil es keine guten Kranschwenker gäbe. Und meinte: Es gibt keine Industrie, es gibt keine Leute, die vom Kräneschwenken, und nur davon leben können, und sich daher in dieser Disziplin zum Meister entwickeln können. Und diese Meister des Details, nicht nur die Fassbinders braucht es. Damit es sie gibt, braucht es Industrie, es braucht jede Menge Filme, Shows, Serien, die runtergerissen werden, damit auch hie und da was gutes rauspurzelt, von Leuten, die sich ihr Geld mit anderen Jobs in der Industrie verdienen, die dann aber auch ihr eigenes, gutes machen könne. John Sayles, Steven Soderbergh und viele andere können ein Lied davon singen. Produzenten müssen sich Filme von Woody Allen leisten können. Der deutsche Film der Zwanziger wäre mit seinen künstlerischen Leistungen ohne die irre Menge von Trash und Banalem, die zeitgleich produziert und heute vergessen ist, nicht denkbar. Der Weg, nach den großen Autoren zu rufen, wie Amend es tut (er hat auch sehr genaue Vorstellungen: „Wo ist also die neue Serie, in der Oskar Roehler von den Krisen seiner Altersgenossen erzählt?“) ist nicht der Weg zu einer Fernsehlandschaft, wie er sie in den USA wittert. Die müssen da selbst durch. Und genug schaffen es auch. Und je mehr insgesamt produziert wird, desto mehr werden es sein. Und es werden sich dann auch, so Gott will, HBO-mäßige Vertriebskanäle finden, auf denen das geht. Na gut, das kann noch ein paar Jährchen dauern. Aber ich habe noch Hoffnung.
Blake Falls meinte am 25. Okt, 16:39:
Heute Morgen leicht verkatert gelesen "Orson Welles hat mal gesagt, man könne in Europa keine guten Filme drehen, weil es keine guten Krankenschwestern gäbe." und sofort gedacht: stimmt, schönes Zitat, könnte auch von Hemmingway sein. 
bähr antwortete am 25. Okt, 16:57:
Dagegen die Assistenzärztinnen - spitze! Klug, mitfühlend, sexy. Doch auch sie retten das deutsche Fernsehen nicht. 
Blake Falls meinte am 25. Okt, 17:04:
Mein Traum wäre ja eine von Erwin C. Dietrich geleitete Filmschule, die Ihre Aspiranten im niedergebrannten Dschungel-Set von "Holt mich hier raus" ein Remake von "Geheimcode: Wildgänse" drehen lässt; die der Gemeinschaftsdusche im dt. Frauengefängisfilm wieder zu ihrem Recht verhilft oder zumindest sechs Schwedinnen durch Ibiza toben lässt.

Steht eigentlich noch irgendwo in Deutschland ein Bahnhofskino? 
 

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